Zusammenfassung
Während die Höhe des Gewinns bei der Einnahmen-Überschussrechnung vom Zu- und Abfluss von Einnahmen und Ausgaben abhängt, kommt es bei der Bilanzierung darauf an, welchem Wirtschaftsjahr Erträge und Aufwendungen zuzuordnen sind. Stimmen Einnahme und Ertrag bzw. Ausgabe und Aufwand zeitlich nicht überein, muss ein bilanzierendes Unternehmen daher prüfen, ob eine Rechnungsabgrenzung vorzunehmen ist. Dies kann einerseits durch die Bildung aktiver und passiver Rechnungsabgrenzungsposten, andererseits durch den Ausweis sonstiger Forderungen und Verbindlichkeiten geschehen. Dabei sind einige handels- und steuerrechtliche Sonderregelungen zu beachten; handels- und steuerrechtlich besteht z. B. ab 2022 ein unterschiedlich ausgeprägtes Wahlrecht für die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten.
1 Handels- und steuerrechtliche Grundlagen
Sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz sind als Rechnungsabgrenzungsposten
- auf der Aktivseite der Bilanz Ausgaben vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
- auf der Passivseite der Bilanz Einnahmen vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
Während handelsrechtlich insoweit ein Aktivierungsverbot gilt, sind nach § 5 Abs. 5 Satz 3 EStG Rechnungsabgrenzungsposten zwingend zu aktivieren für als Aufwand berücksichtigte
- Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
- Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.
§ 250 Abs. 3 HGB enthält ein Wahlrecht, die Differenz zwischen dem Ausgabe- und dem Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit, d. h. ein Disagio oder Damnum, zu aktivieren und über die Laufzeit der Verbindlichkeit jährlich planmäßig abzuschreiben. Steuerrechtlich besteht dagegen ein Aktivierungsgebot.
Auch wenn die genannten steuerrechtlichen Regelungen Teil des nur für Kaufleute und Gewerbetreibende geltenden § 5 EStG sind, wendet die Finanzverwaltung sie auch auf nach § 4 Abs. 1 EStG bilanzierende Land- und Forstwirte sowie Freiberufler an.
Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften müssen nach § 274 HGB in ihrer Handelsbilanz 2 weitere Positionen berücksichtigen, die den Charakter von Rechnungsabgrenzungsposten haben, nämlich aktive und passive latente Steuern. Kleinste und kleine Kapitalgesellschaften sind hiervon nach § 274a Nr. 5 i. V. m. § 267a Abs. 2 HGB befreit, sofern nicht die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB erfüllt sind.
2 Transitorische und antizipative Rechnungsabgrenzung
Bei der Rechnungsabgrenzung ist zwischen transitorischen und antizipativen Posten zu differenzieren. Transitorische Posten liegen vor, wenn Einnahmen bzw. Ausgaben vor dem Abschlussstichtag anfallen, aber Erträge bzw. Aufwendungen für einen Zeitpunkt danach darstellen. Hierfür sind Rechnungsabgrenzungsposten zu bilanzieren. Davon zu unterscheiden sind Erträge und Aufwendungen, die vor dem Abschlussstichtag anfallen, aber erst danach zu Einnahmen oder Ausgaben führen. Diese antizipativen Posten werden bilanziell in Form von Forderungen bzw. Verbindlichkeiten abgebildet.
Einnahmen bzw. Ausgaben vor dem Abschlussstichtag
Ein bilanzierender Einzelhandelsunternehmer betreibt sein Geschäft in 2 Filialen in gemieteten Geschäftsräumen. Sein Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Die Mietverträge für beide Filialen sehen jeweils vierteljährliche Zahlungen vor, wobei die Miete für die
- Filiale A i. H. v. 12.000 EUR je Vierteljahr nachschüssig zu zahlen und im Jahr 02 am 1.2. für die letzten 3 Monate fällig ist;
- Filiale B in Höhe von 9.000 EUR je Vierteljahr vorschüssig zu zahlen und im Jahr 01 am 1.12. für die kommenden 3 Monate fällig ist.
Im Fall von Filiale A entsteht im Jahr 01 Mietaufwand i. H. v. 8.000 EUR, der erst im Jahr 02 gezahlt wird. Hierbei handelt es sich um einen antizipativen Posten. Diesen hat der Unternehmer zu erfassen, indem er einerseits den Mietaufwand von 8.000 EUR und andererseits in gleicher Höhe eine Verbindlichkeit bucht.
Im Fall von Filiale B fallen die Mietausgaben für 2 Monate vor den entsprechenden Mietaufwendungen an. Dieser transitorische Vorgang löst die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens aus. Der Unternehmer bucht zunächst zum 1.12. die Zahlung von 9.000 EUR gegen das Konto Mietaufwand. Im Zuge der Jahresabschlussarbeiten bildet er einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 6.000 EUR; auch hier wird der Mietaufwand als Gegenkonto verwendet, sodass dieses – isoliert betrachtet – lediglich 3.000 EUR beträgt. Der Rechnungsabgrenzungsposten wird im Jahr 02 aufgelöst und mindert au...