Leitsatz

1. Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn aus beruflicher Veranlassung in einer Wohnung am Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter) Haushalt zum Hausstand des Steuerpflichtigen hinzutritt. Der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können.

2. Eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung kann auch dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er darauf in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können (Änderung der Rechtsprechung).

3. Es kommt nicht mehr darauf an, ob noch ein enger Zusammenhang zwischen der Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort und der Neubegründung des zweiten Haushalts am Beschäftigungsort besteht (Änderung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 und 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger (K) war in M, seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau in A jeweils nicht selbstständig tätig. Der Familienwohnsitz der Eheleute war zunächst in A und wurde nach der Geburt ihres ersten Sohnes unter Aufgabe der Wohnung in A am 01.11.2000 nach M und am 21.08.2001 wieder zurück nach A verlegt. K wohnte nach dem Rückumzug nach A während der Woche in M zunächst im Hotel und mietete ab 01.09.2002 in M eine Zweitwohnung an. K machte mit der ESt-Erklärung für 2003 Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung am Beschäftigungsort in M geltend. Die berücksichtigte das FA nicht. Auch die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.2005, 6 K 411/04, Haufe-Index 1687699).

 

Entscheidung

Der BFH entsprach der Revision des Klägers, hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Denn das FG hatte noch keine weitere Feststellungen zu den Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung getroffen. Wie im Besprechungsfall VI R 23/07 (BFH/PR 2009, 288) verwies er noch darauf, dass Unterkunftskosten am Beschäftigungsort nur insoweit notwendig i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG sind, wie sie den durchschnittlichen Mietzins einer 60-qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten.

 

Hinweis

Die Begründung entspricht im Wesentlichen der im Besprechungsfall VI R 23/07 (BFH/PR 2009, 288). Die Besonderheit hier: Die Eheleute waren zunächst am Haupthausstand wohnhaft, zogen dann an den Arbeitsort des Ehemanns, danach wieder zurück. Schließlich nahm sich der Ehemann eine Wohnung am Beschäftigungsort.

Das wäre möglicherweise ein Anwendungsfall für eine bisher von der Rechtsprechung schon zugelassene Ausnahme. Allerdings waren noch nicht Jahre zwischen der Wegverlegung und der Neubegründung des (Zweit)Haushalts am Beschäftigungsort vergangen (vgl. BFH, Urteil vom 30.10.1987, VI R 76/84, Haufe-Index 61971, BStBl II 1988, 358). Der BFH stellte klar, dass mit der neuen Rechtsprechung diese Ausnahme nicht mehr bemüht werden muss (Leitsatz Nr. 3). Nun ist unerheblich, ob eine hinreichend lange Frist zwischen der Wegverlegung der Familienwohnung vom Beschäftigungsort und der Neubegründung des zweiten Haushalts am Beschäftigungsort verstrichen war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 05.03.2009 – VI R 58/06

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