a) Bodenrichtwerte als Typisierung und Vereinfachung der Bedarfsbewertung
Der zweite Senat des BFH entschied im Jahr 2005 – und bestätigte diese Rspr. in folgenden Entscheidungen, dass die Bodenrichtwerte nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind (BFH v. 11.5.2005 – II R 21/02, DStR 2005, 1566 [1566 f.]; BFH v. 26.4.2006 – II R 58/04, DStRE 2006, 1078 [1080]; BFH v. 25.8.2010 – II R 42/09, DStR 2010, 2077 [2078]). Zur Begründung seiner Rechtsauffassung stellte er darauf ab, dass der Gesetzgeber mit der Ermittlung der Bodenrichtwerte beabsichtigt, die Bedarfsbewertung zu typisieren und zu vereinfachen, da die Bewertung eines Grundstücks wegen ihrer Komplexität vergleichsweise aufwendig ist und von der Finanzverwaltung nicht zu bewerkstelligen wäre. Dieser Vereinfachungseffekt würde jedoch verlorengehen, wenn bei der Rechtsüberprüfung einer solchermaßen vorgenommenen Bewertung über die korrekte Höhe der Bodenrichtwerte gestritten würde. Deshalb sind die Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich.
Beraterhinweis Der Steuerpflichtige hat lediglich einen Anspruch auf eine Wertermittlung, die dem typisierenden Verfahren entspricht, nicht jedoch auf den Ansatz eines anderen Bodenrichtwerts, der von ihm für richtiger gehalten wird. Das bedeutet, dass die Bodenrichtwerte nur mit der Begründung angegriffen werden können, der Gutachterausschuss habe das Verfahren nach § 196 BauGB nicht beachtet, was zu einer krassen Fehlbewertung geführt habe. Nicht ausreichend ist dagegen der Einwand, dass der konkret ermittelte Bodenrichtwert zu hoch sei.
b) Vereinbarkeit mit dem GG
Diese Rspr. steht auch im Einklang mit dem GG. Zwar verlangt der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG eine Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, was die Typisierung mit den Bodenrichtwertwerten durchbricht. Grundrechtseingriffe führen jedoch nur dann zu einer Verletzung derselben, wenn sie nicht gerechtfertigt sind. Typisierungen und Vereinfachungen, deren Funktion darin besteht, den Rechtsanwender im Massenfallrecht zu entlasten, sind aber nach ständiger Rspr. des BVerfG als Rechtfertigungsgrund für Durchbrechungen des Leistungsfähigkeitsprinzips anerkannt (statt vieler BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 [232] m.w.N.). Das Gleiche gilt im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG.
Beraterhinweis Inzwischen mehren sich die Stimmen, die die Verfassungsmäßigkeit der reformierten Grundsteuer als solcher bezweifeln. Zu dieser Frage sind bereits beim FG Berlin-Brandenburg drei Musterverfahren anhängig und zwei weitere beim FG Baden-Württemberg in Bezug auf das baden-württembergische Landesgrundsteuergesetz. Ausgehend hiervon empfiehlt es sich, Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid einzulegen und nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO das Ruhen des Verfahrens zu beantragen.
c) Rechtsschutz über die Feststellungsklage auf dem Verwaltungsrechtsweg
Für ein gerichtliches Vorgehen unmittelbar gegen eine Bodenrichtwertermittlung der Gutachterausschüsse steht nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg offen, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Die abdrängende Sonderzuweisung des § 33 Abs. 1 FGO zur Finanzgerichtsbarkeit ist nicht einschlägig, da es sich bei den Gutachterausschüssen nicht um Finanzbehörden i.S.d. §§ 1 und 2 FVG handelt und mithin keine Abgabenangelegenheit nach § 33 Abs. 2 FGO vorliegt.
Statthaft ist gem. § 43 Abs. 1 VwGO die Feststellungsklage. Eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Fall 1 VwGO scheitert daran, dass es sich bei den Bodenrichtwertermittlungen nicht um Verwaltungsakte nach § 35 Satz 1 VwVfG handelt, da diese keine Regelungswirkung entfalten, also keine Rechtsfolge setzen.
Ein Vorverfahren ist nicht durchzuführen, und zwar weder in Form des Widerspruchs nach den §§ 68 ff. VwGO noch in Form des Einspruchs nach den §§ 347 ff. AO.
Auch ist die Feststellungsklage nicht fristgebunden. Allerdings kann der Kläger sein Klagerecht verwirken, wenn er die Klageerhebung in unredlicher Weise verzögert (hierzu Peters in Posser/Wolff, BeckOK/VwGO, Stand: 64. Ed. 1.1.2023, § 74 Rz. 38 ff.).
Beraterhinweis Es steht zu vermuten, dass sich die VG der oben dargelegten Rspr. des BFH anschließen. Demnach kann der Feststellungsantrag nur darauf gestützt werden, dass bei der Ermittlung des streitgegenständlichen Bodenrichtwerts die Maßgaben des § 196 BauGB missachtet wurden.
d) Rechtsschutz bei falschem Bodenrichtwert oder fehlerhafter Berechnung des Grundsteuerwerts
Demgegenüber sind die Zugrundelegung eines falschen Bodenrichtwerts und eine fehlerhafte Berechnung des Grundsteuerwerts mit einem Einspruch beim FA nach § 347 Abs. 1 Satz 1 AO und einer Änderungsanfechtungsklage beim FG nach § 40 Abs. 1 Fall 2 i.V.m. § 100 Abs. 2 FGO angreifbar. Diese unterliegen nach § 355 Abs. 1 Satz 1 AO und § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO jeweils einer Frist von einem Monat.
Daneben ist zu beachten, dass diese Fehler nur geltend gemacht werden können, wenn sich die Rechtsbehelfe gegen den Grundsteuerwertbescheid richten. Denn dieser ist gem. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO für den Grundsteuermessbescheid (dieser wiederum n...