Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Wegen der Vielschichtigkeit der Vorschrift und damit einhergehend der Vielzahl der Fallgestaltungen werden in diesem Beitrag nur die wesentlichen Gesichtspunkte angesprochen. Ausführlichere Informationen finden sich in den gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG.
2.1 Allgemeines
Bei einer Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, gilt die unmittelbare oder mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands dergestalt, dass innerhalb von 10 Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Vorschrift fingiert die Übereignung eines zum Vermögen einer Personengesellschaft gehörenden Grundstücks auf eine fiktiv "neue" Personengesellschaft. Zivilrechtlich liegt kein Rechtsträgerwechsel vor.
Die Vorschrift des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist grundstücksbezogen. Sie erfasst diejenigen Grundstücke, und zwar jedes für sich, die während des Zeitraums, in dem sich der Gesellschafterbestand ändert, durchgängig zum Vermögen der Personengesellschaft gehören. Zum Vermögen einer Personengesellschaft gehören die Grundstücke, die der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind. Es kommt nicht auf das zivilrechtliche Eigentum oder die bewertungsrechtliche Zurechnung an.
Ungleichbehandlung von Grundstückskäufen und Anteilskäufen bei der Grunderwerbsteuer
Die Besteuerung des Erwerbs eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück von weniger als 90 % verstößt im Verhältnis zum nicht steuerbaren Erwerb eines entsprechenden Anteils an einer grundbesitzenden Gesellschaft nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
2.2 Gesellschafterwechsel
Ein steuerbarer Gesellschafterwechsel i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG liegt vor, wenn es sich um einen Gesellschafterwechsel handelt, der durch einen Neugesellschafter ausgelöst wird, und sich dadurch das Verhältnis der Altgesellschafter zu den Neugesellschaftern zu Lasten der Altgesellschafter verändert.
Beim Gesellschafterwechsel sind unmittelbare und mittelbare Gesellschafterwechsel zu berücksichtigen.
2.2.1 Unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestands
Der Gesellschafterbestand ändert sich unmittelbar, wenn ein Mitgliedsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein anderes oder neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht.
Ein Gesellschafter ist neu i. S. d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, wenn er zivilrechtlich erstmals ein Mitgliedschaftsrecht an einer bestehenden grundbesitzenden Personengesellschaft von einem bisherigen Gesellschafter erwirbt oder wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem erstmaligen Erwerb des Mitgliedschaftsrechts seine Beteiligung durch den Erwerb weiterer Anteile am Gesellschaftsvermögen aufstockt. Er verliert grunderwerbsteuerlich die Eigenschaft als neuer Gesellschafter erst mit Ablauf von 10 Jahren; Bei Übertragung bereits bestehender Gesellschaftsanteile liegt ein derivativer Erwerb vor, weil der neue Gesellschafter seine Rechtsposition von dem bisherigen Gesellschafter "erhält". Von einem originären Erwerb ist hingegen auszugehen, wenn mit dem Eintritt neuer Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen durch Kapitalaufstockung vermehrt wird und infolgedessen neue Gesellschaftsanteile entstehen.
2.2.2 Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands
Da es zivilrechtlich keine mittelbare Änderung eines Gesellschafterbestands gibt und bei der mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands zivilrechtlich kein Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft auf einen Neugesellschafter übergeht, scheidet eine Anknüpfung an das Zivilrecht aus. Aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht ist maßgeblich, wer hinter dem an der grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar beteiligten Gesellschaf...