Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
In § 6a GrEStG findet sich die sog. Konzernklausel. Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums in das GrEStG eingefügt worden. Die Regelungen verfolgen das Ziel, Wachstumshemmnisse schnell und effektiv zu beseitigen. Der Gesetzgeber wollte die Bedingungen für Umstrukturierungen von Unternehmen krisenfest, planungssicher und mittelstandsfreundlich ausgestalten. Unternehmen sollen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können.
Kein Verstoß gegen EU-Recht
§ 6a GrEStG verstößt nicht gegen Unionsrecht. Die Regelung stellt keine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar. Die Vorschrift wirkt zwar selektiv, weil sie bestimmte Gesellschaften im Hinblick auf die bei einem Rechtsträgerwechsel anfallende Grunderwerbsteuer begünstigt; dies ist jedoch durch die Natur und den Aufbau des Systems der Grunderwerbsteuer gerechtfertigt. Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Anwendung des § 6a GrEStG im Einzelfall eine doppelte Besteuerung innerhalb des Konzerns vermieden wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Vorschrift generell einer im System angelegten, möglichen übermäßigen Besteuerung bei Umwandlungsvorgängen innerhalb eines Konzerns entgegenwirkt.
7.1 Begünstigte Erwerbsvorgänge
7.1.1 Umwandlungsvorgänge nach UmwG
Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2a Satz 1, Abs. 2b Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 und 4 und Abs. 3a GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang aufgrund einer Umwandlung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. Die Begünstigung erfasst die verwirklichten steuerbaren Erwerbsvorgänge sowie die aufgrund einer derartigen Umwandlung übergehende Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG.
Neuer Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG ebenfalls erfasst
Durch die Ergänzung des § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes wurde sichergestellt, dass die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG grundsätzlich auch anwendbar ist, wenn die unmittelbaren oder mittelbaren Wechsel auf neue Anteilseigner, die den Erwerbstatbestand i. S. d. § 1 Abs. 2b Satz 1 GrEStG auslösen, ganz oder teilweise auf einer Umwandlung oder Einbringung beruhen.
Begünstigte Umwandlungen sind:
- Verschmelzung,
- Spaltung – Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung,
- Vermögensübertragung.
Die Vorschrift erfasst u. a. die Fälle, dass
- eine abhängige Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen verschmolzen wird,
- eine abhängige Gesellschaft auf eine natürliche Person als herrschendes Unternehmen verschmolzen wird,
- eine abhängige Gesellschaft durch Ausgliederung aus dem herrschenden Unternehmen neu entsteht.
Alle Umwandlungsvorgänge gleichermaßen begünstigt
§ 6a Satz 1 GrEStG begünstigt alle dort genannten Umwandlungsvorgänge gleichermaßen. Es erfolgt keine Differenzierung, in welche Richtung, ob horizontal auf eine Schwestergesellschaft (Umwandlung in der Seitenlinie – sidestream-Merger) oder ob vertikal auf die Muttergesellschaft (Umwandlung von unten nach oben – upstream-Merger), eine Gesellschaft verschmolzen wird. Auch die Umwandlung der Muttergesellschaft auf eine Tochtergesellschaft (Umwandlung von oben nach unten – downstream-Merger) wird begünstigt.
Darüber hinaus sind Umwandlungen im Sinne des § 1 Abs. 2 UmwG begünstigt, wenn sie durch ein anderes Bundesgesetz oder ein Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen sind.
Die formwechselnde Umwandlung ist nicht begünstigt, denn diese fehlt im Katalog der begünstigten Umwandlungsvorgänge. Die Begründung hierfür ist, dass Formwechsel zu keinem Rechtsträgerwechsel führen können, weil an dem Formwechsel stets nur immer der formgewechselte und in jeder Hinsicht identische Rechtsträger beteiligt ist.
Mitgliedstaaten der EU
Begünstigt sind auch Umwandlungen i. S. d. Art. 17 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a VO (EG) 2157/2001 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 78/855/EWG und § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG und entsprechende Umwandlungen aufgrund des Rechts eines Mitgliedstaates der EU oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet.
Eine Umwandlung nach dem Recht eines Mitgliedstaates der EU oder eines Staates,auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, gilt als entsprechende Umwandlung im Sinne des § 6a Satz 2 GrEStG, wenn die Regelung inhaltlich mit den Umwandlungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG vergleichbar sind.