Stelle und Unternehmen realistisch darstellen
Im Rahmen des Interviews sollte dem Bewerber die Gelegenheit gegeben werden, sich ein umfassendes Bild zur Stelle und zum Unternehmen zu verschaffen. Diese Informationen können zum Ende des Gesprächs platziert werden, sodass auch hier keine Verzerrung der Antworten des Bewerbers (z. B. aufgrund von sozialer Erwünschtheit) erfolgt. Hierbei sollte darauf geachtet werden, einen möglichst authentischen Eindruck zu vermitteln, sodass der Bewerber auch mögliche einschränkende Faktoren zur Stelle und des Unternehmens in seiner Entscheidung für eine Stelle berücksichtigen kann.
2.1 Interviewformen
Ein Interview kann frei, teilstrukturiert oder vollstrukturiert ablaufen. Gemäß der Gütekriterien eines Interviews empfiehlt es sich, Interviews zu standardisieren und bei allen Bewerbern im Prozess die gleichen Kriterien anzuwenden.
- Bei einem freien Interview besteht die Gefahr, dass das Gespräch nicht durch Fragen gesteuert wird und stattdessen ein hoher Redeanteil beim Interviewer selbst liegt. Da es keinen Gesprächsleitfaden gibt, kann keine objektive Vergleichbarkeit zwischen den Bewerbern hergestellt werden. Der Informationsgewinn ist bei dieser Form des Interviews sehr eingeschränkt.
- Bei einem teilstrukturierten Interview wird die Qualität der Informationsgewinnung durch gezielte Fragen erhöht. Während dem Gespräch dienen die festgelegten Kriterien als Checkliste, um alle relevanten Bereiche abzufragen. Die Gestaltung der Fragen kann jedoch von Gespräch zu Gespräch variieren.
- Bei einem strukturierten Interview werden jedem Bewerber die gleichen konkret ausformulierten Fragen gestellt. Insbesondere, wenn der Auswahlprozess durch unterschiedliche Interviewer geführt wird, ist diese Gesprächsform zu empfehlen, da hierbei die höchste Standardisierung und Vergleichbarkeit gegeben ist.
2.2 Fragetechniken
Die Fragetechnik des Interviewers entscheidet über die Qualität der Informationen, die durch die Frage gewonnen werden. Es gibt zahlreiche Fragetechniken, welche im Interviewprozess angewandt werden können. Generell sollte hierbei immer geprüft werden, was das Ziel des Verfahrens ist und ob das eingesetzte Verfahren dazu dient, den geeigneten Kandidaten zu finden.
2.2.1 Verhaltensbasierte Fragen
Der zuverlässigste Indikator für Vorhersagen ist die Vergangenheit. Bei dieser Fragetechnik wird auf vergangene Situationen zurückgegriffen, anhand derer vergangene Handlungen in bestimmten Situationen beschrieben werden. Um das Interview zu führen, wird dafür die sog. STAR-Technik angewandt. STAR steht für Situation, Task, Action, Result. Das Ziel ist es, im Dialog diese 4 Bereiche näher zu beleuchten, um ein Verhalten in einer konkreten Situation aus der Vergangenheit zu reflektieren und hierdurch mehr über die Fähigkeiten und Kompetenzen des Bewerbers zu erfahren. Die Fragen können dabei beispielsweise wie folgt lauten:
Kompetenz/Fähigkeit |
Frage: STAR |
Beispiel |
Projektmanagement |
Situation |
Gab es in Ihrer beruflichen Laufbahn eine bestimmte Situation, in der Sie ein Projekt mit vielen Beteiligten erfolgreich umgesetzt haben? |
Projektmanagement |
Task |
Was war Ihre Aufgabe dabei? |
Projektmanagement |
Action |
- Wie haben Sie dazu beigetragen, dass es erfolgreich wurde?
- Wie haben Sie sichergestellt, dass alle Beteiligten ihre Aufgaben erfüllt haben?
|
Projektmanagement |
Result |
- Was war das Ergebnis?
- Was haben Sie aus dieser Situation lernen können?
- Waren Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
- Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden?
|
Formulierung der Fragen
Die Fragen sollten möglichst offen gehalten werden und sich dann (analog zu einem Trichter) immer weiter und detaillierter dem Ergebnis nähern. Über den Frageprozess werden Indizien gesammelt, die eine Aussage über das Verhalten der Person zulassen. Hierbei sollten nur solche Fragen gestellt werden, die zur Überprüfung der jeweiligen Kompetenz oder Fähigkeiten relevant sind.
In deutschen Unternehmen ist diese Fragetechnik auch häufig unter dem Namen VeSier-Methode (Verhalten, Situation, Ergebnis) bekannt.
2.2.2 Offene und geschlossene Fragen
Durch offene Fragen werden Informationen sehr umfangreich gewonnen. Sie können herangezogen werden, um in ein Gespräch einzusteigen. Zur Formulierung können die klassischen W-Fragen herangezogen werden: Welche, wer, wie, was, wann, warum. Durch Konkretisierungsfragen oder gezieltes Nachfragen kann das Gespräch gesteuert werden, bis der gewünschte Informationsgehalt erreicht ist.
Fragen, welche mit Ja oder Nein vollständig beantwortet werden können, bezeichnet man als geschlossene Frage. Sie werden angewandt, um gezielt nach dem Vorhandensein eines bestimmten Merkmals zu fragen. Hierbei ist zu beachten, dass der Informationsgehalt sehr gering ist und sich die Fragetechnik daher nicht eignet, um einen Gesprächsfluss aufrechtzuerhalten. Idealerweise wird im Anschluss direkt nach einem Beispiel gefragt, um weitere Informationen zu erhalten.
Kompetenz/Fähigkeit |
Frage |
Beispiel |
Projektmanagement |
Offene Frage |
Wie gehen Sie in Projekten vor? |
Projektmanagement |
Geschlossene Frage |
Haben Sie bereits in Projekten gearbe... |