Die Bestimmung der verfügungsberechtigten Person in einem Reihengeschäft anhand der Ortbestimmung gem. § 3 Abs. 6 bis 8 UStG führt zu eindeutigen und in der Regel auch rechtlich gewollten Ergebnissen und ist daher vor dem Hintergrund der Rechtsklarheit grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings zeigen insbesondere die Alternativen 4 und 5 des obigen Beispielsfalles, dass eine strikte Anwendung dieser Regelungen zu Ergebnissen führen kann, die sich in der Praxis nur schwer abbilden lassen und u.E. auch nicht mit der Rechtsprechung des BFH und EuGH zu vereinbaren sind.
Die Anknüpfung an den logistischen Ablauf des Transportes allein ohne Berücksichtigung der Tatsache, wer Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer wird, ignoriert ein wesentliches Merkmal für die Berechtigung zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer, nämlich die Frage nach dem Eingang der Einfuhrkosten in den Preis der Ausgangsumsätze. Insbesondere nach der jüngsten EuGH Rechtsprechung ist bei der Bestimmung der abzugsberechtigten Person u.a. darauf abzustellen, dass diese die Ware für ihre Ausgangsumsätze verwendet, d.h. die Aufwendungen für den Erwerb der Ware auch Bestandteil der Kosten ihrer Ausgangsumsätze sind. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer. Die Verneinung des Vorsteuerabzugs in der Person des D (Alternative 4) bzw. des B (Alternative 5) ist weder mit dem Neutralitätsgrundsatz noch mit der o.a. Rechtsprechung vereinbar.
Auch der Systematik des § 4 Nr. 4b UStG kann man entnehmen, dass die Lieferung an den Abnehmer, der die Einfuhrverzollung vornimmt, und alle Lieferungen davor, vor der Einfuhr erfolgen und daher von der Umsatzsteuer entlastet sind. Es gibt keine zeitliche Verknüpfung zwischen der Einfuhrverzollung und dem logistischen Ablauf des Transportes. Vor diesem Hintergrund müsste in der Alternative 4 die Verfügungsmacht zum Zeitpunkt der Einfuhr bereits D zustehen, auch wenn die Einfuhranmeldung vor Beendigung des Transportes vorgenommen wird.
Beraterhinweis In der Praxis können Unternehmer diese rechtlichen Zweifel umgehen, indem sie bei Vereinbarung der Liefervereinbarungen darauf achten, dass die Einfuhranmeldung im Namen – oder im Rahmen der sog. indirekten Stellvertretung für Rechnung – des Unternehmers abgegeben wird, der die Versendung selbst vornimmt bzw. Abnehmer der Versendungslieferung (bewegten Lieferung) ist. In diesen Fällen ist sichergestellt, dass derjenige, der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, auch Verfügungsmacht am Einfuhrgegenstand hat und diese auch als Vorsteuer abziehen kann.