Dr. Ralf Sauter, Dr. Maximilian Bode
Die Märkte verstehen, Preise und Wettbewerbsprodukte kennen
Den Markt – und damit den Wettbewerb – zu kennen ist die Grundlage für jeden erfolgreichen Vertrieb. Produktbenchmarking kann helfen, dieses Wissen zu generieren.
Das Produktbenchmarking verfolgt das Ziel, die kritischen Wettbewerbsprodukte zu identifizieren und zu analysieren; damit kann man eine klare Produktdifferenzierung herausarbeiten und Ansatzpunkte für bessere eigene konstruktive Lösungen finden. Es ist wichtig zu verstehen, dass Produktbenchmarking nicht das bloße Kopieren einer bereits existierenden Lösung zum Ziel hat. Langfristig liegt der Erfolg nicht in der Gleichheit mit dem Wettbewerb, sondern in der Überlegenheit. Diese Überlegenheit kann entweder durch Kostenvorteile realisiert werden (Kostenführerschaft) oder durch Leistungsvorteile, die eine bessere Erfüllung der Bedürfnisse des Kunden hervorrufen (Differenzierung/Fokussierung). Die Methoden lassen dabei durchaus Raum für technologische Differenzierung: Marktorientiert bedeutet, ausgehend von der Nachfrage möglichst erfolgreiche Produkte zu entwickeln – nicht möglichst billige.
Abb. 1: Beispielhafter Ablauf eines Produktbenchmarking-Projekts
Das Vorgehen in einem Produktbenchmarking-Projekt kann methodisch in sieben Schritte unterteilt werden (s. Abb. 1). Die Reihenfolge der Schritte ist nicht zwingend vorgegeben – in der Praxis sind je nach Zielsetzung und Datenverfügbarkeit verschiedene Vorgehensweisen zweckmäßig:
Festlegung des Benchmarking-Rahmens
Bei der Festlegung des Benchmarking-Rahmens (Schritt 1) werden die wesentlichen Rahmenbedingungen für das weitere Projekt festgelegt. Insbesondere werden die zu betrachtenden Produkte, Prozesse, Märkte, Kennzahlen sowie die Zielsetzung der Untersuchung definiert. Anhand dieser Überlegungen ergibt sich die geeignete Art des Benchmarking: Die Benchmarking-Art definiert sich über eine Kombination aus Benchmarking-Objekt, den Benchmarking-Parametern und den Benchmarking-Partnern (s. Abb. 2). Bei der Auswahl der zu untersuchenden Benchmarking-Produkte sind folgende Fragen zu klären:
- Hat das Produkt einen hohen Umsatzanteil?
- Besteht wettbewerbsbedingter Kostendruck?
- In welcher Phase des Produktlebenszyklus befindet sich das Produkt?
- Welchen Anteil der Wertschöpfung deckt das eigene Unternehmen ab?
- Wie hoch ist der Komplexitätsgrad des Produkts?
Das integrierte Produktbenchmarking ist quantitativ orientiert und bezieht Entwicklungs- und Produktionsprozesse mit ein. Je nach Verfügbarkeit der Informationen können sowohl interne (insbesondere bei Prozessbenchmarks) als auch externe Benchmarking-Partner herangezogen werden.
Abb. 2: Arten des Benchmarking
Analyse der Kundenanforderungen
Die Analyse der Kundenanforderungen (Schritt 2) stellt eine zentrale Herausforderung beim Produktbenchmarking dar. Die richtige Einschätzung der Anforderungen ist die Basis für die spätere Auslegung des Produkts. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden später Trade-off-Entscheidungen zwischen Kosten und Produktspezifikationen getroffen und somit der Produktcharakter entscheidend mitbestimmt (s. Schritt 6).
Mögliche Erhebungsmöglichkeiten sind interne sowie externe Interviews mit Experten aus Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung oder Händler-, Messe- bzw. Kundenbefragungen. Neben Interviews und strukturierten Fragebögen hat sich die Conjoint-Analyse für die Erhebung der Kundenanforderungen bewährt. Die geeignete Durchführungsart sowie der angebrachte Umfang der Marktforschung sollten sich nach den bereits vorhandenen Daten sowie nach den zur Verfügung stehenden zeitlichen, personellen und finanziellen Ressourcen richten.
Festlegung der Wettbewerbsprodukte
Bereits parallel mit der Analyse der Kundenanforderungen können geeignete Wettbewerbsprodukte für das Benchmarking festgelegt werden (Schritt 3). Dabei ist stets zu beachten, welches primäre Ziel mit dem Benchmarking verfolgt wird: Leistungssteigerung, Kostensenkung oder Neuproduktentwicklung? Die Zielsetzung hat einen wesentlichen Einfluss auf die richtige Auswahl der Benchmarkingpartner und -produkte: Handelt es sich um ein qualitäts- bzw. leistungsorientiertes Benchmarking, so sollten schwerpunktmäßig Produkte gesucht werden, welche die Kundenanforderungen in besonderem Maße erfüllen oder dem eigenen Produkt vermeintlich überlegen sind.
Soll das eigene Produkt mit den bestehenden Spezifikationen beibehalten werden und ausschließlich die Kosten gesenkt werden, ist das Benchmarking kostenorientiert. In diesem Fall empfiehlt es sich, funktionsgleiche Produkte zu analysieren, die kostengünstiger angeboten werden – unabhängig von der marketingstrategischen Positionierung. Das billigste verfügbare Wettbewerbsprodukt auf dem Markt kann z. B. Erkenntnisse liefern, wie einfach Produkte gestaltet werden können, um noch marktfähig zu sein. Die Identifikation der Wettbewerbsprodukte kann sich unter Umständen schwieriger gestalten, als es sich im ersten Moment vermuten lässt. Insbesondere das Benchmarking von Dienstleistung...