Zusammenfassung
Immobilien werden oft schon zu Lebzeiten des Eigentümers auf die jüngere Generation, d. h. Kinder oder Enkel, übertragen. Eine solche Übertragung kann genauso wie zwischen fremden Dritten als vollentgeltliches Geschäft abgewickelt werden, kann aber auch unentgeltlich oder teilentgeltlich erfolgen. Oft werden anlässlich einer solchen Haus- und Grundbesitzübergabe wiederkehrende Leistungen in Form von Renten oder sog. dauernden Lasten vereinbart. Renten setzen gleichmäßige und fortlaufend wiederkehrende, zumeist monatlich zu erbringende Leistungen voraus. Dauernde Lasten liegen dagegen immer vor, wenn die Leistungen der Höhe nach ungleichmäßig oder abänderbar sind. Für die steuerliche Beurteilung ist wie folgt zu differenzieren:
- Handelt es sich bei der Rente oder dauernden Last um eine Veräußerungs- bzw. Erwerbsrente (sog. Gegenleistungsrente) zu fremdvergleichbaren Konditionen, wird die Rente steuerlich genauso behandelt, als sei die Immobilie an einen fremden Dritten veräußert worden.
- Wird eine sog. private Versorgungsrente vereinbart, war diese bei Vermögensübertragungen bis zum 31.12.2007 steuerlich privilegiert. Die steuerrechtliche Privilegierung besteht darin, dass die Leistungen beim Vermögensübernehmer unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Beim Vermögensübergeber sind sie korrespondierend als sonstige Einkünfte steuerbar.
Das Rechtsinstitut der Vermögensübertragung gegen steuerlich privilegierte Versorgungsleistungen i. S. d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG wurde erheblich eingeschränkt. Die Übertragung von privaten Immobilien ist steuerlich nicht mehr privilegiert. Dies gilt für Versorgungsleistungen, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen. Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übergabe von Immobilien, die zum Privatvermögen gehören, können grundsätzlich auch weiterhin als Rente oder dauernde Last abgezogen werden, wenn die Vermögensübertragung vor dem 1.1.2008 vereinbart worden ist.
Gesetzliche Grundlagen finden sich in § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Werbungskostenabzug), in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (Sonderausgabenabzug) und in § 22 Nr. 1a EStG (Einkünfte aus Leistungen und Zahlungen nach § 10 Abs. 1a EStG).
Verwaltungsseitige Erläuterungen finden sich u. a. in R 6.2, R 10.3, R 22.1 EStR 2012 und H 6.2, H 10.3 EStH 2023 sowie im sog. 4. Rentenerlass v. 11.3.2010, IV C 3-S 2221/09/10004, 2010/0188949, BStBl 2010 I S. 227; BMF, Schreiben v. 6.5.2016, IV C 3-S 2221/15/10011:004, BStBl 2016 I S. 476 mit einer Neufassung der Rz. 85.
1 Immobilienübertragung gegen Veräußerungsrente zu fremdvergleichbaren Konditionen
1.1 Gleichwertigkeit der Leistungen
Im Einzelfall kann ein Interesse daran bestehen, für familiäre Grundstücksübertragungen gegen eine Leibrente volle Entgeltlichkeit wie bei einem Verkauf unter fremden Dritten zu erreichen. Dies kann erstrebenswert sein, weil dann für den Käufer Abschreibungsvolumen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geschaffen wird, soweit der Rentenbarwert als "Anschaffungskosten" für das erworbene Gebäude zu werten ist. In diesem Fall hat der neue Eigentümer das Haus oder die Wohnung entgeltlich erworben. Der Rentenbarwert als Anschaffungskosten des Grundstücks hat auch Bedeutung, wenn das Grundstück innerhalb der Veräußerungsfrist des § 23 EStG veräußert wird und der Verkauf ein privates Veräußerungsgeschäft darstellt.
Nahe Angehörige können Grundstücksübertragungen so gestalten wie fremde Dritte. Soll die Entgeltlichkeit erreicht werden, darf keine typische vorweggenommene Erbfolge erfolgen, sondern es muss ein fremdvergleichbarer Veräußerungsvertrag abgeschlossen werden. Dem Grundsatz nach wird eine Grundstücksübertragung von Eltern auf ihre Kinder oder Enkel vom Finanzamt als vollentgeltliches Veräußerungsgeschäft anerkannt, wenn der Wert der von dem Kind zu erbringenden Gegenleistungen dem Wert des übertragenen Grundbesitzes entspricht und die Beteiligten auch subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen sind.
Wird die Anerkennung eines vollentgeltlichen Rechtsgeschäfts begehrt, sollte bei der Vertragsabfassung konsequent die Veräußerungsabsicht unterstrichen werden. Die Vermögensübertragung wird als Kauf, nicht als Auflagenschenkung bezeichnet und ausgestaltet. Der Vertrag sollte also als "Kaufvertrag", nicht als "Übergabevertrag", die Beteiligten sollten als "Käufer" und "Verkäufer", nicht als "Übergeber" und "Übernehmer" bezeichnet werden. Kauffremde Elemente müssen im Vertrag vermieden werden.
Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen widerlegt Vermutung einer privaten Versorgungsrente
Die Vermutung, dass bei Immobilienübertragungen von Eltern auf Kinder eine private Versorgungsrente vorliegt, kann widerlegt werden. Dass die für eine private Versorgungsrente sprechende Vermutung auch in Rentenfällen widerlegbar und eine Veräußerungsrente auch zwischen nahen Angehörigen erreichbar ist, entspricht seit Langem der Rechtsprechung.
Die Vermutung besteht nicht, wenn die übertragene Immobilie und die Rentenverpflichtung einander g...