Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Kommentar
Wer als Rentenberater ohne Rechtsanwaltszulassung tätig ist, erzielt nach einem neuen Erlass des FinMin Schleswig-Holstein gewerbliche Einkünfte. Eine Ähnlichkeit zum freiberuflichen "Katalogberuf" des Rechtsanwalts sei nicht gegeben, weil das Betätigungsfeld von Rentenberatern erheblich enger gefasst ist als der Anwaltsberuf. Für eine abschließende Klärung wird nun der BFH sorgen müssen.
Ob eine Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich einzuordnen ist, hat erhebliche steuerliche Auswirkungen: Während Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit lediglich der Einkommensteuer unterliegen, fällt für gewerbliche Einkünfte zusätzlich Gewerbesteuer an.
Wer ist Freiberufler?
Freiberuflich tätig sind nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG unter anderem Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte (sog. Katalogberufe). Darüber hinaus sind nach dem Einkommensteuergesetz solche Tätigkeiten als freiberuflich einzuordnen, die den Katalogberufen ähnlich sind.
Rentenberater sind keine Freiberufler
Das Finanzministerium Schleswig-Holstein (FinMin) weist mit Erlass vom 19.8.2016 darauf hin, dass Rentenberater ohne Rechtsanwaltszulassung gewerbliche Einkünfte i. S. des § 15 EStG erzielen. Ihre Tätigkeit ist nach Ansicht des Ministeriums nicht mit dem Katalogberuf des Rechtsanwalts vergleichbar ("ähnlich"), weil Rentenberater nur einen kleinen Ausschnitt der den Rechtsanwälten möglichen Rechtsberatung abdecken dürfen. Auch eine Ähnlichkeit zu Steuerberatern oder Steuerbevollmächtigten ist nach dem Erlass nicht gegeben, sodass eine Einordnung als Freiberufler ausscheidet.
Blick in die Rechtsprechung
Das FinMin weist darauf hin, dass diese Sichtweise dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 26.11.2015 (Az. 15 K 1183/13) entspricht.
Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Frau zunächst ein 3-jähriges Studium an einer Verwaltungsfachhochschule für Renten- und Sozialversicherung absolviert und war zunächst als Beamtin im gehobenen Dienst bei der Deutschen Rentenversicherung (Landesversicherungsanstalt) tätig gewesen, bevor sie sich als Rentenberaterin selbständig gemacht hatte. Das FG stufte ihre Beratungstätigkeit als gewerblich ein und verwies darauf, dass die Frau keine dem Studium der Rechtswissenschaften und des juristischen Vorbereitungsdienstes vergleichbare Ausbildung durchlaufen hatte. Nach Ansicht des Gerichts erstreckte sich ihre Ausbildung nicht auf alle Kernbereiche einer Volljuristenausbildung, sodass eine "Ähnlichkeit" mit dem Anwaltsberuf bereits wegen ihrer Vorbildung ausschied.
Hinweis: Gegen das Urteil ist ein Revisionsverfahren anhängig (Az. VIII R 2/16), sodass das letzte Wort nun beim BFH liegt. Einspruchsführer, die sich gegen die gewerbliche Einordnung ihrer Einkünfte wenden und sich auf das anhängige Revisionsverfahren berufen, können ein Ruhen des Einspruchsverfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO erwirken (sog. Zwangsruhen).
Link zur Verwaltungsanweisung
FinMin Schleswig-Holstein, Erlass v. 19.8.2016, VI 302 – S 2245 – 034