Am 17.5.2023 legte die Kommission Vorschläge für die umfassendste Reform der Zollunion der EU seit ihrer Gründung im Jahr 1968 vor. Der Ansatz der Kommission und der wichtigste Inhalt der Reform ergibt sich aus der Mitteilung der Kommission zur Zollreform "Ausbau der Zollunion" (vgl. https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9622-2023-INIT/de/pdf). Ziel der Reform, die in den nächsten 10–15 Jahren schrittweise umgesetzt werden soll, ist die Schaffung einer effizienten Zollunion mit vereinfachten und modernisierten Zollverfahren, so dass legal handelnde Unternehmen Handelsmöglichkeiten in dem Wissen nutzen können, dass sich auch ihre Konkurrenten an die zahlreichen Vorschriften halten, die unter der Regie des Zolls durchgesetzt werden, unabhängig davon, wo die Waren in die EU gelangen. Die Zollunion soll geopolitisch ausgestaltet werden, damit sie in der Lage ist, die finanziellen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten sowie die Interessen und Werte der EU in den Bereichen Sicherheit, Gesundheit, Wirtschaft und Umwelt besser zu schützen, Handelsbeschränkungen zu koordinieren und die internationale Zollzusammenarbeit zu gestalten, indem Kompetenzen und Fachwissen auf zentraler Ebene im Rahmen der EU-Zollbehörde gebündelt werden. Schließlich soll eine agile und zukunftsfähige Zollunion entstehen, die sich flexibel an die Veränderungen in den Lieferketten – sei es aufgrund des grünen und des digitalen Wandels im laufenden Jahrzehnt oder aufgrund zukünftiger Entwicklungen im Lieferkettenmanagement – anpassen kann. Unterstützt werden soll dies durch die neue EU-Zolldatenplattform, die so konzipiert ist, dass sie sich – im Gegensatz zu herkömmlichen IT-Systemen, die nur für bestimmte Prozesse und Zwecke entwickelt werden – im Laufe der Zeit mit neu entstehenden Anforderungen im Zollwesen weiterentwickelt.
Mit der Reform soll ein kosteneffizienterer und wirksamerer Rahmen für die Zusammenarbeit in der Zollunion geschaffen werden, der auf einer neuen Partnerschaft zwischen den EU-Zollbehörden und zwischen Zoll und Wirtschaft beruht und zwei übergeordnete Ziele verfolgt:
- Verringerung der Befolgungskosten für Verwaltungen und Unternehmen durch vereinfachte und modernisierte Verfahren und
- Befähigung der Zollbehörden in der EU, die finanziellen und nichtfinanziellen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten sowie den Binnenmarkt auf der Grundlage eines gemeinsamen, EU-weiten Risikomanagements und stärker harmonisierter Kontrollen besser zu schützen.
Diese beiden Ziele seien untrennbar miteinander verbunden, denn je mehr die Kontrollmöglichkeiten verstärkt werden, desto stärker können die Verfahren vereinfacht werden. Je stärker Verfahren vereinfacht werden, desto mehr Ressourcen können für die Bekämpfung des illegalen Handels freigesetzt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt die Kommission die Schaffung zweier zentraler Elemente vor: der EU-Zollbehörde und der EU-Zolldatenplattform.
Die Hauptaufgabe der EU-Zollbehörde soll darin bestehen, das Fachwissen und die Kompetenzen zu bündeln, die derzeit in der EU verstreut sind, und die nationalen Zollbehörden in der EU zu steuern, zu koordinieren und zu unterstützen. Dies soll eine verstärkte Überwachung der Lieferkette ermöglichen, wobei die Zollbehörden auf EU- und auf nationaler Ebene bei der Warenkontrolle an den EU-Außengrenzen einheitlich handeln.
Die neue EU-Zolldatenplattform soll Aushängeschild und Motor der Zollunion sein und ist eine Voraussetzung für die stärkere Überwachung und Vereinfachung der Verfahren. Sie soll im Laufe der Zeit die bestehende IT-Infrastruktur für den Zoll integrieren und ersetzen und gleichzeitig die Interoperabilität mit verwandten Politikbereichen verbessern. Dadurch sollen die EU und ihre Mitgliedstaaten jährlich Milliarden an IT-Entwicklungs- und Betriebskosten einsparen.
Dank der vereinfachten Verfahren sollen sich die Kosten der Wirtschaftsbeteiligten für die Einhaltung der Vorschriften um rund 2,7 Mrd. EUR pro Jahr verringern. Darüber hinaus wird die Reform durch die Eindämmung des Steuer- und Zollbetrugs sowie des Betrugs durch Unterbewertung mehrere Milliarden Euro an zusätzlichen öffentlichen Einnahmen in der EU sicherstellen. Auch wird erwartet, dass die maßgeschneiderte Regelung für den elektronischen Handel zusätzliche Einnahmen i.H.v. schätzungsweise 1 Mrd. EUR pro Jahr generieren wird.
Zeitgleich mit der Mitteilung hat die Kommission dann auch ein Paket von Legislativvorschlägen zur Umsetzung der Zollreform vorgelegt:
- Vorschlag für eine Verordnung des EP und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der EU und zur Errichtung der EU-Zollbehörde und zur Aufhebung der VO (EU) Nr. 952/2013 (vgl. https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9596-2023-INIT/en/pdf),
- Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der VO (EWG) Nr. 2658/87 im Hinblick auf die Einführung einer vereinfachten Zollbehandlung für Fernverkäufe von Waren und der VO (EG) Nr. 1186/2009 hinsichtlich der Abschaffung des Schwellenwerts für die Z...