Der ECOFIN-Rat hat sich im Rahmen seiner Tagungen am 14.5.2024 und am 21.6.2024 mit dem von der Kommission am 8.12.2022 mit dem Ziel der Modernisierung der umsatzsteuerlichen Meldepflichten, der Stärkung der Rolle der Plattformwirtschaft bei der Kurzzeitvermietung von Unterkünften oder Personenbeförderungsdienstleistungen und der Verbesserung der Funktionsweise der Regelungen zur einzigen Anlaufstelle sowie des Reverse-Charge-Verfahrens vorgelegten Legislativpaket (UStB 2023, 164) beschäftigt (vgl. https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/ecofin/2024/05/14/ und https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/ecofin/2024/06/21/).
Aus dem einleitenden Vermerk der damaligen BEL-PRÄS für die Sitzung des ECOFIN-Rates am 21.6.2024 (vgl. https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11013-2024-INIT/de/pdf) lässt sich der Verlauf und der Stand der Verhandlungen in der Gruppe "Steuerfragen" gut ablesen.
Dank der Bemühungen der vorherigen PRÄS seien die fachlichen Arbeiten an den Texten abgeschlossen worden. Die Texte seien nun für alle Delegationen weitgehend annehmbar, mit Ausnahme einer zentralen Frage, nämlich der Regelung des "fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers" für Dienstleistungen der Kurzzeitvermietung von Unterkünften und Dienstleistungen der Personenbeförderung im Straßenverkehr. Während der Orientierungsaussprache auf der Tagung des ECOFIN-Rates im Juni 2023 habe allgemeines Einvernehmen darüber bestanden, dass Plattformen bei der Erhebung der Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen der Kurzzeitvermietung von Unterkünften und Dienstleistungen der Personenbeförderung eine größere Rolle spielen müssen. Einige Mitgliedstaaten hätten jedoch Bedenken hinsichtlich des Modells des "fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers" geäußert, und einige Minister hätten einen gewissen Spielraum bei der Besteuerung der Kurzzeitvermietung von Unterkünften gewünscht.
In ihren Kompromisstexten habe die damalige ESP-PRÄS die Definition des Begriffs "Kurzzeitvermietung von Unterkünften" angepasst, damit den Mitgliedstaaten ausreichend Flexibilität eingeräumt wird, um den jeweiligen nationalen Besonderheiten bei der Besteuerung des Beherbergungssektors in ihrem nationalen Recht Rechnung zu tragen. Eine Gruppe von Mitgliedstaaten sei jedoch nach wie vor nicht in der Lage gewesen, diese Lösung zu unterstützen, und forderte mehr Flexibilität sowie die Berücksichtigung der Bedenken einer Delegation bezüglich der MwSt-Neutralität. Die BEL-PRÄS habe diesen Bedenken Rechnung getragen, indem sie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt hat, vorzusehen, dass die Regelung des "fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers" nicht auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Anwendung findet.
Auf der Tagung des ECOFIN-Rates vom 14.5.2024 sei diese Lösung von allen Mitgliedstaaten bis auf einen unterstützt worden. Nach der Ratstagung habe die BEL-PRÄS bilaterale Treffen durchgeführt, um eine Lösung zu finden, die von allen Delegationen unterstützt werden könnte. Infolge dieser Treffen sei die BEL-PRÄS der Auffassung, dass die einzige Möglichkeit den Text zu ändern, ohne den fragilen Kompromiss, der von 26 Mitgliedstaaten unterstützt wurde, zu gefährden, darin bestünde, den Verwaltungsaufwand für Plattformen und zugrunde liegende Lieferer in jenen Mitgliedstaaten zu verringern, die die Möglichkeit nutzen, KMU von der Regelung des "fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers" auszunehmen. Daher sei der Kompromisstext entsprechend geändert worden.
In der hochrangigen Gruppe "Steuerfragen" sei dieser Text von allen Delegationen mit Ausnahme einer Delegation unterstützt worden. Viele Delegationen hätten den Wunsch nach einer raschen Einigung über dieses Dossier geäußert. Eine Gruppe von Delegationen habe ferner erklärt, dass jede weitere Änderung des Textes, die die Flexibilität des Modells des "fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers" über den derzeit vorliegenden Text hinaus erhöht, oder eine Aufspaltung des Vorschlags für sie unannehmbar wäre.
Die BEL-PRÄS sei daher davon überzeugt, dass die vorliegenden Texte im Sinne eines Kompromisses und insbesondere in Anbetracht der Bedeutung dieses Pakets, das darauf abzielt, die MwSt-Vorschriften angesichts der Chancen der Digitalisierung für Unternehmensprozesse und Verwaltungen sowie als Reaktion auf die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft zu modernisieren, für alle Delegationen annehmbar sein sollten.
Sollte der Rat eine allgemeine Ausrichtung zum Entwurf der Änderungsrichtlinie auf dieser Grundlage festlegen, müsste angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen dem Kommissionsvorschlag und dem letzten Kompromisstext des Vorsitzes, der für eine allgemeine Ausrichtung vorgelegt wurde, ein Beschluss zur erneuten Anhörung des EP zu dem Text gefasst werden. Da Sondermaßnahmen nach Art. 395 MwStSystRL auslaufen, was ein Rechtsvakuum schaffen würde und was in der betreffenden Richtlinie anzugehen ist, könnte das EP ersucht werden, seine Stellungnahme zu dem Ratstext so bald wie möglich...