Monika Todorov, Florian Theimer
1.1 Das Unternehmen: Geschäftsmodell und Unternehmenskultur
MaibornWolff ist ein stark wachsender, mittelständischer IT-Dienstleister. Mit 500 Mitarbeitern in München, Augsburg, Berlin, Frankfurt, Hamburg und Tunis konzipieren, entwickeln, testen und betreiben wir anspruchsvolle Individualsoftware, beispielsweise die Cloud-Plattform eines Carsharing-Anbieters. Damit lassen sich jederzeit Ort und Zustand aller Flottenfahrzeuge überwachen, Prognosen über Fahrzeug-Auslastungen berechnen oder Routen für Servicetechniker generieren. Oder wir sorgen für die Vernetzung von Miele-Geräten mit der Cloud, um sie mit dem Smartphone oder Amazon Alexa zu steuern, Rezepte oder Softwareupdates in die Geräte zu laden oder sie aus der Ferne zu warten.
Mensch hoch IT, so lautet der Claim von MaibornWolff: den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Seit 10 Jahren verändern wir so die Kultur unseres Unternehmens. Wir versuchen, jedem Mitarbeiter größtmögliche Freiheit und Verantwortung zu geben, in der Erwartung, dass er agiert wie ein Unternehmer. Wir haben keine quantitativen Ziele, keine Budgets und sehr wenige verbindliche Regeln. So lautet einer der zentralen Firmenleitsätze "Der gesunde Menschenverstand geht vor." Zusammengefasst: ein Albtraum für jeden Controller.
1.2 Entwicklung der Unternehmenssteuerung
Trotz dieser postbürokratischen Unternehmenskultur haben wir vor drei Jahren damit begonnen, ein aufwendiges Kennzahlen- und Controlling-System zu entwickeln. Wir haben Unternehmensdaten zu Projekten, Stundenbuchungen, Finanzbuchhaltung, Weiterbildungen, Recruiting, Bankkonten und weiteren Quellen in einem zentralen Data Warehouse gesammelt. Haben eine Anwendung zur Auswertung der Daten (Metabase) aufgesetzt. Und dann mit vielen Experimenten Auswertungen entwickelt, die für unsere Mitarbeiter relevant sind.
Unser Ziel ist es, jedem Mitarbeiter die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild vom aktuellen Zustand des Unternehmens, seines Bereichs, seines Projekts oder seines eigenen Wertbeitrags zu machen. So kann er seine Entscheidungen mit gesundem Menschenverstand und zusätzlich basierend auf Fakten treffen.
Ein Beispiel: Wir haben keinen Kostencontrollingprozess mehr. Jeder Mitarbeiter kann für das Unternehmen einkaufen, was er braucht. Er muss es nur für alle transparent machen. Damit er seine Kaufentscheidung unternehmerisch treffen kann, braucht er Informationen, die normalerweise nur der Unternehmensführung zur Verfügung stehen.
- Wie steht es um die Liquidität?
- Wie geht es uns wirtschaftlich?
- Wie entwickelt sich unsere Kostenstruktur?
Bei der Umsetzung dieses Vorhabens gab es zwei technische Herausforderungen:
- die Daten aktuell zu erheben und automatisiert darzustellen;
- einen gesunden Kompromiss zwischen Transparenz und Datenschutz zu finden,
und zwei Herausforderungen bei der Nutzung der Daten:
- die Daten sind so darzustellen, dass sie von allen Mitarbeitern verstanden werden;
- die Mitarbeiter sind zu schulen, so dass sie verantwortlich mit den Zahlen umgehen (können).
Auf die letzten beiden Punkte soll im Folgenden im Detail eingegangen werden.