Weitere Anwendbarkeit der BFH-Rspr. fraglich: Leider ist nach der Entscheidung des EuGH fraglich, ob die aus Unternehmenssicht in gewisser Hinsicht recht praktische, unter II.1. dargestellte Rechtsprechung des BFH zur Minderung der Bemessungsgrundlage ("Methode BFH") wie bisher angewendet werden kann.
Methode BFH = Rechtssicherheit: Der BFH hat hiermit einen sinnvollen Weg gefunden, den unerwünschten Mehrwertsteuervorfinanzierungseffekt in den Fällen, dass das vertraglich vereinbarte Entgelt erst später fällig wird, zumindest bei längeren Vorfinanzierungszeiträumen in Teilen zu eliminieren. Die "Methode BFH" bietet erfreuliche Rechtssicherheit bei der Minderung der Bemessungsgrundlage, da nicht erst in eine tiefergehende Prüfung unscharfer Tatbestandsmerkmale eingestiegen werden muss.
Länge des Zeitraums: Ob der Zeitraum von zwei Jahren nicht etwas zu lang ist, ist sicherlich diskussionsfähig. Das Abstellen auf diesen Zeitraum mag aber daran gelegen haben, dass der BFH eben über einen Fall entschieden hatte, in dem die Zahlung erst nach (mindestens) zwei Jahren vereinbart worden war. Möglicherweise hätte er in einem anderen Fall (Zahlung erst nach 1 Jahr oder sechs Monaten) auch einen solchen Zeitraum als lang genug für eine temporäre Minderung der Bemessungsgrundlage angesehen.
Lt. EuGH kein Fall der "Nichtbezahlung": Möglicherweise stellen sich diese Fragen jetzt aber nicht mehr, weil der EuGH in Konstellationen, in denen das Entgelt zwar erst später, aber vereinbarungsgemäß gezahlt wird, keinen Fall des Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL sieht (s. oben V.2.). Das kann der BFH wohl nur schlecht komplett ignorieren. Insofern ist es eigentlich schade, dass der BFH dem EuGH diese Fragen vorgelegt hat.
Andere Auslegung: Möglicherweise kommt man aber auf andere Weise zu vergleichbaren Ergebnissen. Für die Fälle, in denen die Entgeltzahlung vom Eintritt einer Bedingung abhängig ist, ist bereits oben unter III.1. aufgezeigt worden, dass der bedingt geschuldete Betrag erst mit Eintritt der Bedingung zu Entgelt wird, die Steuer also nicht im Zeitpunkt der Leistungsausführung entsteht. Für die Fälle der "bloßen" späteren Fälligkeit des Entgelts aufgrund entsprechender Vereinbarung wird aber ebenfalls vertreten, dass die Steuer erst später entsteht. Dies soll sich aus einer entsprechenden Auslegung der Vorschriften des UStG bzw. aus einer verfassungskonformen Auslegung der Regelungen ergeben. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BFH mit solchen "Lösungen" anfreunden kann.