Leitsatz
1. Der Rettungsdienst und der Krankentransport sind nicht von der GewSt befreit.
2. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG, § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG i.V.m. §§ 64 bis 68 AO sind (auch) drittschützende Normen. Ein Verstoß der Finanzbehörden gegen diese Vorschriften kann zu einer Verletzung von Rechten der Mitbewerber führen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).
3. § 66 AO steht einer Verpflichtungsklage nicht entgegen, die ein körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtiger Anbieter von Rettungsdienst- und Krankentransportleistungen mit dem Ziel erhebt, andere Anbieter dieser Leistungen -- insbesondere Wohlfahrtsverbände -- zu besteuern.
Normenkette
§ 14, § 53, § 66 AO, § 3 Nr. 6, Nr. 20 Buchst. d GewStG, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, betrieb in den Streitjahren 1998 bis 2000 u.a. ein Seniorenheim sowie einen Krankentransport/Rettungsdienst. Das FA erließ ihr gegenüber GewSt-Messbescheide unter Einbeziehung der Erträge aus dem Bereich Krankentransport/Rettungsdienst. Die dagegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin geltend machte, die Ergebnisse des Betriebsbereichs Krankentransport/Rettungsdienst seien von der GewSt freizustellen, hatte keinen Erfolg (EFG 2006, 1272).
Entscheidung
Daran hat sich aus verfahrensrechtlicher Sicht für die Klägerin zwar auch vor dem BFH nichts geändert; ihre Revision wurde zurückgewiesen.
Indes: Ihr wurde der Weg der besagten Konkurrentenklage aufgezeigt, um in der Sache denn doch noch (späten) Erfolg erringen zu können. Eine solche Konkurrentenklage sei auch erfolgsträchtig und gewähre ihr „echten” Rechtsschutz. Denn bei Licht betrachtet könne sie damit eine steuerliche Gleichbehandlung mit den „öffentlichen” Anbietern entsprechender Transporte erreichen.
Hinweis
1. Einmal mehr musste sich der BFH eines (steuerlich) heiklen Themas der Besteuerung der öffentlichen Hand und konkret für die Bewirtschaftung von Kommunen und Wohlfahrtsverbänden annehmen: Sind Rettungsdienste und Krankentransporte gemeinnützig? Auf den ersten Blick möchte man kaum einen Zweifel haben: sie sind es. Ein zweiter Blick stimmt indes vielleicht nachdenklich.
2. Zwar hat niemand einen tragfähigen Zweifel daran, dass insbesondere besagte Wohlfahrtsverbände Gemeinnützigkeitsstatus haben. Doch ebenso wenig dürfte zweifelhaft sein, dass die Rettungs- und Krankentransporte, durch die ja schließlich Einnahmen erzielt werden, als solche steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe darstellen.
Fraglich ist allein, ob es sich hierbei um sog. Zweckbetriebe i.S.v. § 66 AO handelt, die letztlich mehr oder weniger zwangsläufig dem „guten Zweck” dienen. Das wird vom BFH verneint: Eine solche Zwangsläufigkeit des Geschäftsbetriebs für die „gute Tat” besteht nicht. Schließlich werden vergleichbare Transporte von etlichen privaten Anbietern durchgeführt, und weswegen der eine Anbieter so und der andere so behandelt werden soll, lässt sich schon unter Wettbewerbsgesichtspunkten kaum sachgerecht begründen.
3. Dass das so gesehen wird, ist übrigens keineswegs eine „Erfindung” des BFH. Beäugt man die (steuer-)politische Szene, dabei etwa die Drucksache 12/1308 des Landtags von Baden-Württemberg vom 14.04.2007 und die dort wiedergegebene Stellungnahme des Finanzministeriums auf eine einschlägige Berichtsanfrage, dann erfährt man, dass Privatanbieter im Gegensatz zu „öffentlichen” Transportdiensten deswegen ertragsteuerpflichtig sein sollen, weil sie ihre Erträge anders als jene Rettungsdienste an ihre Gesellschafter ausschütten, wohingegen die „von den steuerbegünstigten Rettungsdiensten erzielten Erträge ... wiederum unmittelbar für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden müssen”.
4. Ob das die Unterscheidung wirklich rechtfertigt, ist indes wenig wahrscheinlich. Denn -- so der BFH --:
- „Nach § 66 Abs. 1 AO ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maß den in § 53 AO genannten Personen dient. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 AO). ...”
- „... Der Krankentransport und der Rettungsdienst, die Wohlfahrtsverbände zu denselben Bedingungen wie private gewerbliche Unternehmen anbieten, werden um des Erwerbes willen und nicht zum Wohl der Allgemeinheit ausgeübt. Eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit ändert nicht dadurch ihren Charakter, dass sie statt von gewerblichen Unternehmen von Wohlfahrtsverbänden erbracht wird, mögen diese mit ihren Leistungen im öffentlichen Rettungsdienst einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben anstreben und tatsächlich erzielen oder nicht. ...”
- „... Bei der Prüfung, ob ein Zweckbetrieb i.S.d. § 66 AO vorliegt, ist allein auf die Tätigkeit im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abzustellen. Zum Wohl der Allgemeinheit geschieht die Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen daher nicht bereits deshalb, weil die Körperschaften, die die Leistungen erbringen, nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsfü...