DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 115,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die gegenwärtigen politischen Prioritäten im internationalen Steuerwesen stellen darauf ab, eine Besteuerung an dem Ort der Gewinnerwirtschaftung und der Wertschöpfung zu gewährleisten. Es ist daher unbedingt erforderlich, dass das Vertrauen in die Fairness der Steuersysteme wiederhergestellt und den Regierungen eine wirksame Ausübung ihrer Steuerhoheit ermöglicht wird. Diese neuen politischen Ziele wurden im Rahmen der Initiative der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting - BEPS) in konkrete Handlungsempfehlungen umgesetzt. Der Europäische Rat hat diese Arbeiten in seinen Schlussfolgerungen vom 13./14. März 2013 und vom 19./20. Dezember 2013 begrüßt. Dem Bedarf nach ausgewogener Besteuerung entsprechend hat die Kommission in einer Mitteilung vom 17. Juni 2015 einen Aktionsplan für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union vorgestellt.
(2) Die Abschlussberichte über die 15 BEPS-Aktionspunkte der OECD wurden am 5. Oktober 2015 veröffentlicht. Dies wurde vom Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 8. Dezember 2015 begrüßt. Der Rat betonte in diesen Schlussfolgerungen ferner die Notwendigkeit, auf EU-Ebene gemeinsame, aber flexible Lösungen im Einklang mit den BEPS-Schlussfolgerungen der OECD zu finden. Außerdem unterstützte er eine wirksame, rasche und koordinierte Umsetzung der Anti-BEPS-Maßnahmen auf EU-Ebene und vertrat die Auffassung, dass EU- Richtlinien — sofern zweckmäßig — das bevorzugte Mittel zur Umsetzung der BEPS-Schlussfolgerungen der OECD in der EU sein sollten. Damit der Binnenmarkt gut funktionieren kann, müssen die Mitgliedstaaten zumindest ihre BEPS-Verpflichtungen erfüllen und allgemeine Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken und zur Gewährleistung einer fairen und wirksamen Besteuerung in der Union ergreifen und dabei in ausreichend kohärenter und koordinierter Weise vorgehen. In einem Raum hochgradig integrierter Volkswirtschaften bedarf es gemeinsamer strategischer Konzepte und eines abgestimmten Vorgehens, damit der Binnenmarkt besser funktionieren und die BEPS-Initiative maximale Wirkung entfalten kann. Zudem kann nur ein gemeinsamer Rahmen eine Fragmentierung des Marktes verhindern und die derzeitigen Inkongruenzen und Marktverzerrungen beseitigen. Wenn die nationalen Durchführungsmaßnahmen EU-weit einheitlich ausgerichtet sind, haben die Steuerpflichtigen nicht zuletzt die Gewähr, dass die betreffenden Maßnahmen mit dem Unionsrecht in Einklang stehen.
(3) Es müssen Vorschriften festgelegt werden, um den durchschnittlichen Schutz gegen aggressive Steuerplanung im Binnenmarkt anzuheben. Da diese Vorschriften sich in 28 verschiedene Systeme der Unternehmensbesteuerung einfügen müssen, sollten sie auf allgemeine Bestimmungen beschränkt sein und ihre Umsetzung sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, da diese am besten in der Lage sind, den verschiedenen Elementen der Vorschriften eine ihren Steuersystemen angemessene Form zu geben. Dieses Ziel könnte durch die Einführung eines EU-weiten Mindestschutzes für die nationalen Körperschaftsteuersysteme gegen Steuervermeidungspraktiken erreicht werden. Daher sollte das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Ergebnisse der 15 BEPSAktionspunkte der OECD koordiniert werden, damit Steuervermeidungspraktiken im gesamten Binnenmarkt wirksamer bekämpft werden können. Folglich muss in bestimmten Bereichen ein einheitlicher Mindestschutz für den Binnenmarkt festgelegt werden.
(4) Erforderlich sind Vorschriften, die für alle Steuerpflichtigen gelten, die in einem Mitgliedstaat der Körperschaftsteuer unterliegen. Unternehmen, die nicht der Körperschaftsteuer in einem Mitgliedstaat unterliegen, d. h. insbesondere steuerlich transparente Unternehmen, sollten jedoch nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie einbezogen werden, da sonst ein noch breiteres Spektrum an nationalen Steuern erfasst werden müsste. Die Vorschriften sollten auch für Betriebsstätten derjenigen steuerpflichtigen Unternehmen gelten, die möglicherweise in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten belegen sind. Steuerpflichtige Unternehmen können in einem Mitgliedstaat steuerlich ansässig sein oder Betriebsstätten nach dem Recht eines Mitgliedstaats unterhalten. Betriebsstätten von Unternehmen, die in einem Drittland steuerlich ansässig sind, sollten diesen Vorschriften ebenfalls unterliegen, wenn sie sich in einem oder mehreren Mitgliedstaaten be...