Aufgrund des Wegfalls des Vortatenkataloges wird in Zukunft damit zu rechnen sein, dass Finanzbehörden sehr intensiv und zeitnah nach Eingang einer steuerlichen Nachmeldung die zuständige Staatsanwaltschaft oder auch die FIU gem. § 31b AO informieren werden, sofern anhand der steuerlichen Nachmeldung behördenseitig ein Bewusstsein über die mögliche Geldwäscherelevanz ungerechtfertigter Steuererstattungen besteht. Spätestens mit Eingang dieser "Information" bei der Staatsanwaltschaft wäre die Geldwäschetat i.S.d. § 261 Abs. 8 StGB n.F. entdeckt, Umgekehrt unterliegen die Staatsanwaltschaften der aus § 116 AO resultierenden Verpflichtung, dienstlich erfahrene Tatsachen, die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass nach § 31b Abs. 2a AO – in Anpassung an § 31 Abs. 5 GwG – die FIU im automatisierten Verfahren einerseits die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des FVG beim BZSt vorgehaltenen Informationen über Betrugsfälle im Bereich der Umsatzsteuer und andererseits die bei den Landesfinanzbehörden zu einem Steuerpflichtigen gespeicherten Grundinformationen (StNr., Gewerbe-Kz., Grund- und Zusatzkennbuchstaben, Bankverbindung, Umsatzsteuer-Id-Nr.) erhält. Die FIU ist wiederum gem. § 32 Abs. 2 GwG verpflichtet, das Ergebnis ihrer – ggf. über § 31b AO ausgelösten – operativen Analyse sowie alle sachdienlichen Informationen unverzüglich an die zuständige Staatsanwaltschafte mitzuteilen, die wiederum gem. § 42 Abs. 1 GwG die FIU über die Erhebung der öffentlichen Klage oder den Ausgang des Verfahrens einschließlich einer Einstellungsentscheidung informiert (vgl. Nr. 52 Mitteilungen in Strafsachen – MiStra).
Auch die Rspr. dürfte dazu beitragen, dass – über § 31b AO hinaus und unabhängig davon, ob nach Nr. 11 der für die Finanzbehörden bindenden Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (AStBV 2020) bei Vorliegen aller Wirksamkeitsvoraussetzungen von der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens abgesehen werden kann – künftig auf Seiten der Finanzbehörden die Anzahl der sofortigen Informationsweitergaben an die Staatsanwaltschaften in Bezug auf etwaige Geldwäschedelikte zunehmen wird. Nachdem entschieden wurde, dass alle Beamte einer Finanzbehörde eine durch §§ 385 ff. AO gesetzlich begründete Garantenstellung und daher an der Strafverfolgung von Steuerstraftaten mitzuwirken haben, ist zu erwarten, dass abweichend vom BMF-Anwendungserlass v. 23.5.2016 zu § 153 AO (BStBl. I 2016, 490) die Mehrzahl steuerlicher Nachmeldungen zur Vermeidung eines Vorwurfs der (versuchten) Strafvereitelung? durch Unterlassen gem. §§ 13, 258 StGB innerdienstlich an die zuständige Strafsachenstelle übermittelt wird. Diese wiederum dürfte dann den Vorgang wegen des Wegfalles des Vortatenkataloges an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Prüfung möglicher Geldwäschedelikte weiterleiten (LG Stuttgart v. 24.3.2020 – 61 Ns 142 Js 114222/16, NZWiSt 2021, 262). Gerade die Wirksamkeit einer steuerlichen Selbstanzeige kann nach § 261 Abs. 7 StGB n.F. die Geldwäschestrafbarkeit erst begründen. Zudem muss damit gerechnet werden, dass bei Beurteilung der steuerlichen Nachmeldung als Selbstanzeige nach § 371 AO die Information an die Staatsanwaltschaft mit einem "Antrag" auf Übernahme des Verfahrens nach § 386 Abs. 4 AO verbunden wird. Dies ergibt sich bereits aus Nr. 22 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 der AStBV 2020, welche eine Abgabe bei besonderen verfahrensrechtlichen oder materiell-rechtlichen Schwierigkeiten oder bei Vorliegen anderer prozessual selbständiger Straftaten vorsehen, die in einem einheitlichen Ermittlungsverfahren verfolgt werden sollen. Ob die Staatsanwaltschaft in Einzelfällen, in denen ihr eine "Selbstanzeige" nach § 261 Abs. 8 StGB n.F. bereits vorliegt, von ihrem Evokationsrecht Gebrauch macht, um beide Verfahren in ihrem Zuständigkeitsbereich bearbeiten zu können, bleibt abzuwarten.
Beraterhinweis Es ist zu berücksichtigen, dass nach den Nrn. 131 und 132 der AStBV 2020 steuerliche Nachmeldungen, die während einer laufenden Außenprüfung, in der die Pflichten aus § 153 AO übrigens nicht suspendiert sind, abgegeben werden, grundsätzlich der für die steuerstrafrechtliche Bewertung zuständigen Stelle zuzuleiten sind. Auch der Umstand, dass bei der Umsatz- und Lohnsteuer berichtigte oder verspätet abgegebene Steuer(vor)anmeldungen – auch wegen der Sonderregelung des § 371 Abs. 2a AO – nur in begründeten Einzelfällen (Nichtzahlung der Steuer, Sperrgründe gem. § 371 Abs. 2 AO) an die Straf- und Bußgeldstellen der Finanzbehörden weiterzuleiten sind, stellt wegen der sich aus § 31b AO ergebenden (Melde-)Pflicht kein taugliches "Geldwäsche-Ruhekissen" für die steuerliche Beratung dar.