Zwei Selbstanzeigen wegen Geldwäscheverdachts und vermeintlicher steuerlicher Vergehen erforderlich?
[Ohne Titel]
StB Dipl.-Finw. (FH) Volker Radermacher, RR a.D.
Die Anforderungen an den steuerlichen Berater im Zusammenhang mit steuerlichen Nachmeldungen sind bereits erheblich, um sowohl den Mandanten vor straf- oder bußgeldrechtlichen Sanktionen als auch ihn selbst vor Haftungsrisiken zu schützen. Da die Strafverfolgungsbehörden häufig dazu neigen, einfache Berichtigungen gem. § 153 AO – in vielen Fällen ohne eine dezidierte Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 370 AO – in Selbstanzeigen nach § 371 AO oder § 378 AO umzudeuten, wird regelmäßig der Ansatz einer Höchstvorsorgeberatung zu wählen sein. Die damit verbundene selbstanzeigensichere Ausgestaltung von steuerlichen Nachmeldungen, die bereits hohen rechtlichen Anforderungen genügen muss und als äußerst anspruchsvoll gilt, ist seit dem Frühjahr 2021 wegen der Gesetzesänderung in § 261 StGB um einen weiteren Aspekt erweitert worden, der in besonderen Einzelfällen zu bemerkenswerten Implikationen bei der steuerlichen Beratung führen kann. In Teil I soll schwerpunktmäßig der Frage nachgegangen werden, ob neben einer Selbstanzeige hinsichtlich vermeintlicher steuerlicher Vergehen auch zusätzlich eine Selbstanzeige wegen eines Geldwäscheverdachtes eingereicht werden muss. Teil II wird sich im Anschluss mit weiteren Besonderheiten beschäftigen, die bei der steuerlichen Nachmeldeberatung zumindest im Blick gehalten werden sollten.
I. Einleitung
Wenige Rechtsgebiete des Wirtschaftsstrafrechts wurden in der jüngeren Vergangenheit einem derart schnellen Wandel unterworfen wie das Steuerstraf- als auch das Geldwäscherecht. So haben bereits das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29.6.2020 (BGBl. I 2020, 1512) und das Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020 (BGBl. I 2020, 3096) erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Nachmeldeberatung bzw. das Steuerstrafrecht verursacht. Man denke bspw. nur an die verlängerte Strafverfolgungsverjährung auf 15 Jahre und die Möglichkeiten der strafrechtlichen Einziehung trotz längst weggefallener steuerlicher Ansprüche bzw. sogar des Eintritts der Festsetzungs- und Strafverfolgungsverjährung.
Anders als den vorgenannten "steuerstrafrechtlichen" Gesetzesänderungen wurde – soweit ersichtlich – dem bereits vor knapp einem Jahr am 18.3.2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9.3.2021 (BGBl. I 2021, 327), welches durch die EU-Richtlinie 2018/1673 des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche ausgelöst wurde, weder auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden noch der (Steuer-)Beraterschaft bisher die notwendige Beachtung aus steuer(straf)rechtlicher Perspektive geschenkt. Auch aus dem BMF und dem BMJV ist zu hören, dass die mit dieser ab dem 18.3.2021 relevanten Gesetzesänderung einhergehenden steuerlichen bzw. steuerstrafrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit Risiken bei der steuerlichen Nachmeldung keine Rolle bei der Gesetzesnovellierung gespielt haben.
Die Bedeutung des Geldwäschetatbestandes könnte sich in Zukunft in speziellen Fallkonstellationen und unter Beachtung steuer- und strafrechtlicher Besonderheiten deutlich ändern, weil ein Anstieg der Anzahl der Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlich oder auch leichtfertig begangener Geldwäsche allein wegen des Wegfalls des speziellen Vortatenkataloges und darüber hinaus aufgrund der zu erwartenden noch engeren Zusammenarbeit zwischen den Ermittlungsbehörden (u.a. Finanzbehörden, Staatsanwaltschaft, FIU) wahrscheinlich sein dürfte, was gleichermaßen die Anforderungen an die Beraterschaft erweitert und spezielles Know-how erfordert.
Beraterhinweis Gerade im Rahmen einer steuer(straf)rechtlichen Höchstvorsorsorgeberatung im Zusammenhang mit steuerlichen Nachmeldungen gem. § 153 AO ist im Einzelfall eine Aufklärung des Mandanten über die aus dem "neuen" Geldwäschetatbestand des § 261 StGB n.F. erwachsenden möglichen Fallstricke zu empfehlen.
II. Fallbeispiele
Zur Verdeutlichung der mit der Gesetzesänderung des § 261 StGB einhergehenden möglichen Rechtsfolgen sollen die nachfolgenden Beispiele dienen:
Fall 1: Die A-GmbH hat in den Monaten 4-12/2021 Umsatzsteuervoranmeldungen jeweils fristgemäß eingereicht. Nach Zustimmung des FA wurden auf das Firmenkonto die jeweils geltend gemachten Vorsteuerüberhänge von monatlich ca. 15.000 EUR zu Unrecht überwiesen. Der Geschäftsführer stellt nunmehr fest, dass die jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume einer steuerlichen Nachmeldung bedürfen.
Fall 2: Die Eheleute A und B erhalten am 1.7.2021 eine Einkommensteuererstattung ...