Dipl.-Ök. Wolfram Bartuschka
Zusammenfassung
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat in seinem IDW Praxishinweis 1/2016 zur "Ausgestaltung und Prüfung eines Tax Compliance Management Systems gemäß IDW PS 980" die Anforderungen an ein wirksames Tax Compliance Management System (TCMS) konkretisiert und u. a. die Analyse von Compliance Risiken als eines der wesentlichen Grundelemente eines TCMS aufgeführt. Der Praxishinweis fordert in Tz. 40 die Einführung eines "der Unternehmensorganisation angemessenen Verfahrens zur systematischen Risikoerkennung und -beurteilung". Da der Praxishinweis jedoch keine tiefer gehenden Ausführungen zur Vorgehensweise bei der Risikoanalyse enthält, hat dieser Beitrag zum Ziel, einen Überblick über die Herangehensweise bei der Risikoanalyse im Rahmen eines TCMS-Projekts zu geben.
1 Hintergrund
Der Begriff "Tax Compliance Management System (TCMS)" ist derzeit in aller Munde. Dies beruht u. a. auf einer Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) aus dem Jahr 2016. Die lange erwartete Änderung des AEAO zu § 153 geht auf die Unterscheidung zwischen einer bloßen Berichtigung von Steuererklärungen (§ 153 AO) und einer – wesentlich strengeren Voraussetzungen unterliegenden – Selbstanzeige (§§ 371, 378 Abs. 3 AO) ein und sieht die Grenze einer Berichtigung nach § 153 AO dann als überschritten, wenn die allgemeinen Voraussetzungen von Vorsatz oder Leichtfertigkeit erfüllt sind. Als Indiz gegen das Vorliegen von Vorsatz oder Leichtfertigkeit kann insbesondere ein innerbetriebliches Kontrollsystem für die Erfüllung steuerlicher Pflichten dienen. Dies aufnehmend, hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) mit dem kürzlich veröffentlichten IDW Praxishinweis 1/2016 zur „Ausgestaltung und Prüfung eines Tax Compliance Management Systems gemäß IDW PS 980“ die Anforderungen an ein wirksames TCMS konkretisiert und u. a. die Analyse von Compliance Risiken als eines der wesentlichen Grundelemente eines TCMS aufgeführt.
Abb. 1 Grundelemente des TCMS
Der Praxishinweis fordert in Tz. 40 die Einführung eines „der Unternehmensorganisation angemessenen Verfahrens zur systematischen Risikoerkennung und -beurteilung“:
Mitte Dezember 2022 hat der Gesetzgeber im Rahmen des DAC7 Umsetzungsgesetzes den neuen § 38 in das EGAO eingefügt. Mit ihm wird Unternehmen – zunächst zeitlich befristet bis 2029 – die Möglichkeit gegeben, auf Antrag für die nächste Außenprüfung Erleichterungen in Art und Umfang der Ermittlungen zu erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass im Rahmen einer Außenprüfung das vom Steuerpflichtigen eingeführte Steuerkontrollsytem (TCMS) für wirksam befunden wurde und keine Veränderungen der Verhältnisse eingetreten sind. Änderungen am Steuerkontrollsystem sind zu dokumentieren und der Finanzbehörde unverzüglich mitzuteilen. § 38 Abs. 1 Satz 2 verweist darauf, dass das TCMS die steuerlichen Risiken laufend abbilden muss.
Somit müssen Unternehmen ihr TCMS basierend auf einer entsprechenden Risikoanalyse ausprägen.
2 Anforderungen an die Risikoanalyse
Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, dass die Risikoanalyse im Rahmen eines TCMS-Projekts ähnlich einer Tax Due Diligence Prüfung aufgebaut ist. Dies ist jedoch nur bedingt der Fall. Führt man sich die unterschiedlichen Zielsetzungen einer Due Diligence bzw. einer Unternehmenstransaktion und eines TCMS-Projekts vor Augen, wird schnell klar, dass es im Fall der Tax Due Diligence Prüfung lediglich darauf ankommt, die steuerlichen Risiken zu einem bestimmten Zeitpunkt zu identifizieren und das Ausmaß der Risiken einzuschätzen. Bei der Risikoanalyse im Rahmen eines TCMS-Projekts kommt es neben Identifizierung und Bewertung des Risikos insbesondere auch darauf an, zu untersuchen, wie bzw. warum es zu einem steuerlichen Risiko kommt. Damit kommt neben der materiell steuerrechtlichen Prüfung vor allem der Analyse der operati...