Leitsatz
Büroräume, die ein in der BRD ansässiger selbständiger Unternehmer zur gemeinsamen Nutzung mit anderen Unternehmern in der Schweiz anmietet (sog. Room-Sharing), sind keine feste Einrichtung i. S. des Art. 14 DBA-Schweiz, so dass die Einkünfte in Deutschland besteuert werden.
Sachverhalt
Der Antragsteller wohnt in Deutschland. Seit 1999 übt er in der Schweiz eine selbstständige Tätigkeit als Ingenieur aus. Mit der V AG hat er einen Mietvertrag über einen Büroraum "zur Mitbenützung" in der Schweiz zu sehr günstigen Mietkonditionen abgeschlossen, wo er seine Arbeit in ganz überwiegendem Umfang verrichtet hat. Die Einkünfte aus der Schweiz hat er als in Deutschland "steuerfrei mit Progressionsvorbehalt" behandelt. Das Finanzamt hat dies abgelehnt, da der angemietete Büroraum keine feste Einrichtung im Sinne des Art. 14 DBA darstelle. Das Büro habe dem Antragsteller nicht zur alleinigen Nutzung zur Verfügung gestanden. Die Nutzung der Büroräume sei zudem nur in geringem Umfang erfolgt. Bei dem angeblichen Firmensitz handle es sich um eine reine Domizil- und Steueradresse, die lediglich mit dem Ziel der Besteuerung in der Schweiz eingerichtet worden sei. Der "angemietete Schreibtisch" sei daher nicht als Betriebsstätte anzuerkennen.
Entscheidung
Der Antrag ist unbegründet. Das Finanzamt hat zu Recht das Vorliegen einer festen Einrichtung im Sinne des Art. 14 DBA Schweiz verneint und demnach das Besteuerungsrecht der BRD für die Gewinne aus der Schweiz angenommen. Die Begriffe der Betriebsstätte und der festen Einrichtung sind nach Meinung des Senats weitgehend deckungsgleich. Aus der Definition des Begriffs der Betriebsstätte in Art. 5 Abs. 1 DBA Schweiz kann demnach abgeleitet werden, dass eine feste Einrichtung vorliegt, wenn eine bestimmte selbstständige unternehmerische Tätigkeit durch eine Geschäftseinrichtung mit einer festen örtlichen Bindung ausgeübt wird. Durch den Begriff der festen Einrichtung drückt sich eine besonders intensive Verwurzelung der selbstständigen Arbeit mit dem Ort ihrer Ausübung aus, die zudem in einer notwendigen Dauer von mindestens sechs Monaten vorliegen muss. Das Anmieten von Büroräumen zur Mitnutzung genügt diesen Anforderungen nicht, so dass das Vorliegen einer festen Einrichtung zu verneinen ist.
Hinweis
Die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt, dass die Grundsätze für das Vorliegen einer Betriebsstätte entsprechend auch für feste Einrichtungen gelten. Durch das Urteil wird ein nicht unerheblicher Handlungsspielraum für die Internationale Steuerplanung eröffnet, da durch Room-Sharing ein eventuell unerwünschtes Besteuerungsrecht des Tätigkeitsorts vermieden werden kann. Dies dürfte vor allem für den Fall gelten, in dem der Tätigkeitsort Deutschland ist. Im vorliegenden Fall bleibt es daher beim Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates Deutschland, so dass die Einkünfte aus der Schweiz nicht (unter Progressionsvorbehalt) freigestellt werden. Diese Besteuerungsfolge hätte durch Anmieten von Büroräumen, die ausschließlich zur eigenen Nutzung bestimmt sind, auf einfache Weise vermieden werden können. Der Beschluss verdeutlicht einmal mehr, dass zur Begründung des Besteuerungsrechts des Auslands mit der Folge der Freistellung der Einkünfte in Deutschland strenge Voraussetzungen zu erfüllen sind, die auch tatsächlich durchgeführt werden müssen. Dass Room-Sharing zu sehr geringen Mietkosten nicht das Besteuerungsrecht Deutschlands ausschließen kann, vermag daher nicht zu überraschen.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.12.2008, 3 V 2830/07