2.1.1 Gesondertes Feststellungsverfahren
Rz. 10
§ 219 BewG ordnet – verpflichtend – für die mit dem Grundsteuerwertbescheid abschließende erste Stufe des grundsteuerlichen Besteuerungsverfahrens – korrespondierend zu § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO – ein gesondertes Verfahren (Feststellungsverfahren) i. S. d. § 179 ff. AO zur Feststellung von Grundsteuerwerten für inländischen Grundbesitz, und zwar für
- Betriebe der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§§ 232 bis 234, 240 BewG) und
- Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (§§ 243 bis 244 BewG)
an und legt den Umfang der hierbei gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen fest.
Die Finanzbehörden sind gesetzlich nicht ermächtigt, i. S. d. § 5 AO aus Ermessen auf dieses Feststellungsverfahren zu verzichten. Auch eine abweichende Feststellung aus Billigkeitsgründen i. S. d. § 163 AO kommt nicht in Betracht, da § 163 AO bei der Ermittlung der Grundsteuerwerte gem. § 220 S. 2 BewG nicht anzuwenden ist.
2.1.2 Feststellungsgegenstand – Inländischer Grundbesitz
Rz. 11
Unter den Oberbegriff Grundbesitz als Feststellungsgegenstand subsumiert § 219 Abs. 1 BewG die wirtschaftlichen Einheiten der nach § 218 BewG für Zwecke der Grundsteuer maßgeblichen Vermögensarten, nämlich die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§§ 232 bis 234, 240 BewG) sowie die Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (§§ 243 und 244 BewG) einschließlich der ihnen gem. § 218 Satz 2 und 3 BewG i. V. m. § 99 Abs. 1 BewG gleichgestellten Betriebsgrundstücke. Die Feststellungs- und Bewertungsgegenstände decken sich insoweit mit den Steuergegenständen der Grundsteuer gem. § 2 GrStG.
Die Betriebsgrundstücke stellen im reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrecht keine besondere Gruppe von Feststellungs-, Bewertungs- bzw. Steuergegenständen mehr dar. Sie werden gem. § 218 Satz 2 und 3 BewG i. V. m. § 99 Abs. 1 BewG von Anfang an entweder dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen oder dem Grundvermögen zugeordnet und entsprechend bewertet. Ein Betriebsgrundstück i. S. d. Bewertungsgesetzes ist der zu einem Gewerbebetrieb gehörende Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb, zum Grundvermögen gehören (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG) oder einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden würde (§ 99 Abs. 1 Nr. 2 BewG).
Wirtschaftliche Einheiten des inländischen Grundbesitzes
Wenngleich sich bereits aus § 1 GrStG ergibt (§ 1 GrStG Rz. 11), dass nur von einem in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Grundbesitz Grundsteuer erhoben werden kann, wird in § 219 Abs. 1 BewG explizit angeordnet, dass Grundsteuerwerte nur für inländischen Grundbesitz gesondert festzustellen sind. In § 231 Abs. 2 BewG wird zusätzlich klargestellt, dass bei wirtschaftlichen Einheiten, die sich über das Inland hinaus erstrecken, die ausländischen Teile einer wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens oder Grundvermögens nicht der gesonderten Feststellung nach § 219 BewG unterliegen. Ein Grundsteuerwert ist mithin nur für den inländischen Teil der wirtschaftlichen Einheit festzustellen.
Die materiell-rechtlichen Vorschriften zur Bewertung der inländischen Teile einer wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und des Grundvermögens ergeben sich aus den §§ 232 bis 262 BewG.
2.1.3 Gesonderte Feststellungen durch Grundsteuerwertbescheid
Rz. 12
Im Grundsteuerwertbescheid als Feststellungbescheid i. S. d. § 179 AO sind gem. § 219 Abs. 1 und 2 BewG
neben der
- Feststellung des Grundsteuerwerts (Wertfeststellung)
auch Feststellungen über
- die Vermögensart und beim Grundvermögen auch über die Grundstücksart (Artfeststellung) sowie
- die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe ihrer Anteile (Zurechnungsfeststellung)
zu treffen.
Die gesonderten Feststellungen nach § 219 Abs. 1 und 2 BewG erfolgen gem. § 219 Abs. 3 BewG jedoch nur, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dies entscheidet sich wiederum grundsätzlich an der Frage der Grundsteuerpflicht (Rz. 49 ff.).
Die gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen verlieren gem. § 179 Abs. 1 AO – abweichend von § 157 Abs. 2 AO – ihre Eigenschaft als unselbständige Besteuerungsgrundlagen.
Die in einem Grundsteuerwertbescheid getroffenen Feststellungen zum Wert sowie zur Art und Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit sind selbständige, lediglich in einem einheitlichen Verwaltungsakt (Bescheid) zusammengefasste Feststellungen, die gesondert angefochten und bestandskräftig werden können sowie in Bezug auf die Voraussetzungen der Fortschreibung gem. § 222 BewG ein eigenes Schicksal haben.
Rz. 13
Der Grundsteuerwertbescheid ist mit allen seinen Feststellungen ein Dauerverwaltungsakt. Er bleibt so lange wirksam, bis er entweder durch Aufhebung gem. § 224 BewG keine Wirkung mehr entfaltet oder seine Feststellungen durch Fortschreibungen gem. § 222 BewG (Wert,- Art- oder Zurechnungsfortschreibung einschließlich fehlerbeseitigende Fortschreibung) o...