Rz. 1
Vor jeder Bewertung ist zunächst zu klären, was zu bewerten ist. "Erste Vorbedingung" jeder Bewertung ist somit die Bestimmung und Abgrenzung des Bewertungsgegenstandes. Für die Grundsteuerbewertung des Grundvermögens ist entscheidungserheblich, welche Vermögensgegenstände des Grundvermögens (§ 243 BewG Rz. 23ff.) bewertungsrechtlich zu einer wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens zusammenzufassen sind. Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet gem. § 244 Abs. 1 BewG ein Grundstück.
Das Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ist nach § 2 Nr. 2 GrStG i. V. m. §§ 243, 244 BewG für Zwecke der Grundsteuer sowohl Steuergegenstand als auch Bewertungsgegenstand. Die Definition und Abgrenzung eines Grundstücks sind somit von zentraler Bedeutung für das Grundsteuer- und Bewertungsrecht. Der Grundstücksbegriff gehört zu den Grundlagenbegriffen im Bewertungsrecht. Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens, die Grundstücke, sind nach § 219 Abs. 1 BewG Grundsteuerwerte festzustellen.
1.1 Regelungsgegenstand
Rz. 2
Die Vorschrift definiert und bestimmt den Umfang der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens (§ 243 BewG). In § 244 Abs. 1 BewG wird das Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens definiert. Mit dieser Begriffsbestimmung wird auf die allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung und Bewertung einer wirtschaftlichen Einheit nach § 2 BewG zurückgegriffen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach der Verkehrsanschauung zu entscheiden. Allerdings können mehrerer Wirtschaftsgüter grundsätzlich nur zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, wenn sie demselben Eigentümer gehören (Grundsatz der Einheitlichkeit des Eigentums).
In § 244 Abs. 2 BewG wird die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens auf Anteile an anderem Grundvermögen erweitert, wenn die Anteile zusammen mit der wirtschaftlichen Einheit genutzt werden. In § 244 Abs. 3 BewG wird schließlich für bestimmte Sonderfälle, wie für das Erbbaurecht zusammen mit dem Erbbaurechtsgrundstück, eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bzw. ein Grundstück fingiert. Die Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens hat vielfältige Bedeutung. Neben der Abgrenzung des Bewertungsgegenstandes entscheidet sich hierbei z. B. auch die Anwendung der Bewertungsvorschriften nach §§ 246ff. BewG.
Rz. 3
einstweilen frei
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 4
§ 244 BewG wurde mit dem Grundsteuer-Reformgesetz vom 26.11.2019 in das Bewertungsgesetz eingefügt. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 wurde in § 244 Abs. 3 Nr. 4 BewG klargestellt, dass die Sonderregelungen zur wirtschaftlichen Einheit, Bewertung und Zuordnung für das Erbbaurecht und dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück (Erbbaurechtsgrundstück) – entsprechend – für das Wohnungserbbau- und Teilerbbaurecht gelten. Hierbei wurde explizit geregelt, dass jedes Wohnungserbbau- und Teilerbbaurecht zusammen mit dem – anteiligen – belasteten Grund und Boden als eine wirtschaftliche Einheit gilt.
Rz. 5
§ 243 BewG ist gem. § 266 BewG erstmals für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 anzuwenden.
Rz. 6
einstweilen frei
1.3 Regelungszusammenhänge
Rz. 7
Das Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ist nach § 2 Nr. 2 GrStG i. V. m. §§ 243, 244 BewG für Zwecke der Grundsteuer sowohl Steuergegenstand als auch Bewertungsgegenstand. Der Grundstücksbegriff gehört zu den Grundlagenbegriffen im Bewertungsrecht.
- Die Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens hat vielfältige Bedeutung. Neben der Abgrenzung des Bewertungsgegenstandes entscheidet sich hierbei z. B. auch die Anwendung der Bewertungsvorschriften nach §§ 246ff. BewG.
Ausgehend von der gesetzlichen Fiktion in § 244 Abs. 3 BewG, dass
- das Erbbaurecht zusammen mit dem Erbbaurechtsgrundstück (Nr. 1),
- ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zusammen mit dem dazugehörenden belasteten Grund und Boden (Nr. 2) sowie
- jedes Wohnungserbbau- und Teilerbbaurecht zusammen mit dem anteiligen belasteten Grund und Boden (Nr. 4)
als eine wirtschaftliche Einheit gilt, wird i. V. m. den Bewertungs- und Zurechnungsvorschriften in §§ 261, 262 BewG nicht nur eine erhebliche Vereinfachung der Bewertung bewirkt, sondern auch die Steuerschuldnerschaft nach § 10 GrStG bestimmt. Die wirtschaftliche Einheit nach § 244 Abs. 3 Nr. 1 BewG wird gem. § 261 S. 2 BewG dem Erbbauberechtigten, die wirtschaftliche Einheit nach § 244 Abs. 3 Nr. 2 BewG wird gem. § 262 S. 2 BewG dem Eigentümer des Grundstücks und die wirtschaftliche Einheit nach § 244 Abs. 3 Nr. 4 BewG wird gem. § 262 S. 3 BewG dem Wohnungserbbau- bzw. Teilerbbauberechtigten zugerechnet. Sie sind mithin auch Steuerschuldner für die jeweilige wirtschaftliche Einheit.
Rz. 8
einstweilen frei