3.6.1.1 Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts
Rz. 74
Subjektive Tatbestandsvoraussetzung für die Befreiung von der Grundsteuer nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG ist, dass der Grundbesitz einer inländischen Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände gehört bzw. zuzurechnen ist.
Ob eine Religionsgesellschaft, ein Orden, eine religiöse Genossenschaft oder ein religiöser Verband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, bestimmt sich nach landesrechtlichen Regelungen. Im Zweifelsfall ist der Nachweis durch die Vorlage entsprechender Verleihungsurkunden zu führen. Die katholischen und die evangelischen Kirchen einschließlich ihrer Unterorganisationen, Bistümer, Diözesen, Dekanaten, Kirchengemeinden usw. sind in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Anerkennung einer Religionsgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch ein Land entfaltet für die übrigen Länder keine Wirkung. Hat die Religionsgesellschaft in einem anderen Land Grundbesitz, der für ihre begünstigten Zwecke genutzt wird, kann jedoch unterstellt werden, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung als gemeinnützig erfüllt sind.
In Bayern verleiht beispielsweise das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus an Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung) die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das Ministerium veröffentlicht eine Liste der Kirchen, Religions- und weltanschaulichen Gemeinschaften, die derzeit auf Landesebene die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen.
Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 auf solche Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sowie auf jüdische Kultusgemeinden ist nicht verfassungswidrig.
Grundbesitz der Orden (Ordensgemeinschaften), religiösen Genossenschaften und Verbände ist stets nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG befreit, wenn diese zu einer Religionsgesellschaft gehören, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gilt. Auf die teilweise regional sehr unterschiedlichen Rechtsformen der Orden, religiösen Genossenschaften und Verbände kommt es dann nicht an.
Religionsgesellschaften, die keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und ausländische Religionsgesellschaften erfüllen die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG nicht.
Unberührt bleiben ggf. andere Steuerbefreiungen, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen. So ist der Grundbesitz einer Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechts, der dem Gottesdienst dient, nach § 4 Nr. 1 GrStG steuerfrei. Grundbesitz einer als gemeinnützig anerkannten religiösen Vereinigung, der dem Gottesdienst dient, ist bereits nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3b GrStG steuerfrei.
Rz. 75
Einstweilen frei
3.6.1.2 Jüdische Kultusgemeinden
Rz. 76
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 GrStG stehen den Religionsgesellschaften die jüdischen Kultusgemeinden, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, gleich. Mithin gilt das Erfordernis, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zu sein, für jüdische Kultusgemeinden ausdrücklich nicht.
Eingedenk der Vorgeschichte wurde den jüdischen Kultusgemeinden damit aber keine kein Sonderprivileg eingeräumt. Den jüdischen Kultusgemeinden wurde bereits durch preußisches Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom 23.7.1847 der Status als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft eingeräumt, womit auch eine Grundsteuerbefreiung verbunden war. Dieser Status wurde ihnen von den Nationalsozialisten durch das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28.3.1938 jedoch wieder aberkannt, was den Verlust der Grundsteuerbefreiung zur Folge hatte. Dieser Verlust des Körperschaftsstatus wurde durch die Bundesrepublik Deutschland im Grundsteuerrecht lediglich wieder rückgängig gemacht, indem der Grundbesitz der jüdischen Kultusgemeinden ausdrücklich neben dem Grundbesitz der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften befreit wurde.
Von islamischen Kulturzentren kann die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG hingegen nicht beansprucht werden, da diese keine Körperschaften des öffentlichen Rechts darstellen. Eine grundsteuerrechtliche Gleichbehandlung mit den jüdischen Kultusgemeinden ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG auf solche Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öf...