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Erlass wegen Reinertragsminderung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft

Aufgrund des Gesetzesfolgenverweises in § 33 Abs. 1 S. 3 GrStG auf § 236 Abs. 3 S. 1 und 2 BewG setzt der Gesetzgeber für den Erlass nach § 33 GrStG voraus, dass die in den Anlagen 27 bis 32 zum BewG normierten – standardisierten – Reinerträge anhand der tatsächlichen Umstände vermindert sind. Die tatsächliche Minderung der Ertragslage wird insoweit auf die für den Hauptfeststellungszeitraum maßgebenden Reinerträge übertragen. Diese Verfahrensweise orientiert sich an der Reinertragsminderung für die forstwirtschaftliche Nutzung in der Einheitsbewertung.[1]

Das Ausmaß der Reinertragsminderung ergibt sich mithin aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem

im Wirtschaftsjahr = Erlasszeitraum.

Die Minderung des Reinertrags ist in einem Prozentsatz des tatsächlichen Reinertrags i. S. d. § 236 Abs. 3 S. 1 und 2 BewG anzugeben.[2]

In der Praxis dürfte die Ermittlung des betriebsindividuellen tatsächlichen Reinertrags i. S. d. § 236 Abs. 3 S. 1 und 2 BewG eine Herausforderung darstellen. Als Richtschnur kann hierzu das in der Gesetzesbegründung dargestellte Schema zur Ermittlung des standardisierten Reinertrags dienen:[3]

Durchschnittliches Betriebseinkommen der Betriebe

geteilt durch die durchschnittlich bewirtschaftete Landwirtschaftsfläche (LF) in Hektar

= Betriebseinkommen/ha LF

abzüglich Lohnaufwand für fremde Arbeitskräfte/ha LF

abzüglich angemessener Lohnansatz für Betriebsleiter und nicht entlohnte AK/ha LF

abzüglich anteiliger Reinertrag für die Wirtschaftsgebäude/ha LF

= anteiliger Reinertrag des Grund und Bodens einschließlich der Betriebsmittel zur LuF Erzeugung/ha LF.

Da ab der Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 bei der Berechnung des Grundsteuerwerts aller Nutzungen und Nutzungsteile der Land- und Forstwirtschaft ausschließlich standardisierte Bewertungsfaktoren nach dem Bewertungsgesetz zugrunde gelegt werden, lässt sich durch die Finanzverwaltung im Einzelfall eine betriebsindividuelle Reinertragsminderung nicht feststellen.

 
Hinweis

Die Nachweispflicht einer Reinertragsminderung bei der Gemeinde obliegt dem Grundstückseigentümer.

Wenn sich der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft aus unterschiedlichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen, Nutzungsteile und Nutzungsarten (einschließlich Nebenbetriebe), für die nur teilweise eine Reinertragsminderung eingetreten ist, zusammensetzt, ist die Reinertragsminderung gleichwohl für den gesamten Betrieb zu ermitteln.

 
Praxis-Beispiel

Der tatsächliche – standardisierte – Reinertrag i. S. d. § 236 Abs. 3 S. 1 und 2 BewG für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in Höhe von insgesamt 80.000 EUR setzt sich zusammen aus den tatsächlichen Reinerträgen für die landwirtschaftliche Nutzung in Höhe von 60.000 EUR und für die weinbauliche Nutzung in Höhe von 20.000 EUR. Ist der Reinertrag für die landwirtschaftliche Nutzung infolge von Schäden durch Naturereignisse im Erlasszeitraum jedoch um 50.000 EUR gemindert, ist die Grundsteuer nach § 33 GrStG in Höhe von 62,5 % (50.000 EUR / 80.000 EUR) zu erlassen.

Aufgrund des regelmäßig abweichenden Wirtschaftsjahres in der Land- und Forstwirtschaft[4] fingiert § 33 Abs. 1 S. 4 GrStG die Zuordnung des steuerrechtlich maßgebenden Wirtschaftsjahres zum Erlasszeitraum.[5] Der tatsächliche Reinertrag gilt in dem Erlasszeitraum als bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet. Damit wird sichergestellt, dass bei längeren Steuererklärungsfristen für steuerlich beratene Land- und Forstwirte die Antragsfrist gem. § 35 Abs. 2 GrStG bis zum 31. März des auf den Erhebungszeitraum folgenden Jahres eingehalten werden kann.

 
Praxis-Beispiel

Ein Weinbaubetrieb mit 5 Hektar bewirtschafteter Eigentumsfläche erleidet im August des Wirtschaftsjahres (WJ) 2026/2027 einen Hagelschaden, der einen Totalausfall der Ernte 2026 bedingt. Der Gewinn für das WJ 2025/2026 beträgt 15.000 EUR. Der Verlust für das WJ 2026/2027 beträgt 20.000 EUR.

Die jährliche Grundsteuer wurde wie folgt ermittelt:

500 Ar x 11,70 EUR/Ar (Anlage 29 zu § 237 Abs. 4 BewG) x 18,6 Kapitalisierungsfaktor gem. § 239 Abs. 1 BewG) = 108.810 EUR Grundsteuerwert; abgerundet nach § 230 BewG 108.800 EUR x 0,55 Promille (Steuermesszahl gem. § 14 GrStG) x 330 % (Hebesatz der Gemeinde für die Grundsteuer A) = 197,47 EUR Grundsteuer.

Für welche Erhebungszeiträume kommt ein Erlass der Grundsteuer in Betracht?

Lösung:

1. Vorrangige Prüfung der Erlassbedürftigkeit

Nach § 33 Abs. 2 S. 1 und 2 GrStG kommt ein Erlass der Grundsteuer nur dann in Betracht, wenn die Einziehung der Grundsteuer unbillig wäre. Ein Erlass ist daher ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft für das WJ, das für den Erlasszeitraum i. S. d. § 33 Abs....

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