Rz. 12

Ein Teilerlass von der Grundsteuer nach § 34 GrStG setzt zunächst voraus, dass der normale Rohertrag des bebauten Grundstücks (s. Rz. 13) um mehr als 50 % oder um 100 % (s. Rz. 21) gemindert ist.

Als Auslöser für eine Rohertragsminderung kommen bei bebauten Grundstücken insbesondere ein Leerstand von Wohnungen oder Geschäftsräumen infolge mangelnder Mieternachfrage, ein Mietrückgang oder ein Mietausfall in Betracht. Für eigengenutzte Wohnungen (z. B. Einfamilienhaus, Wohnungseigentum oder Wohnung im Mehrfamilienhaus) ist ein Erlass im Grundsatz nicht ausgeschlossen, wenngleich er insoweit nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen dürfte (s. Rz. 15).

Für den Begriff Leerstand gibt es keine allgemein anerkannte Definition. Allgemein betrachtet bezeichnet Leerstand nutzbare Flächen in Gebäuden, die zurzeit nicht genutzt werden.[1] Nach einer engeren immobilienökonomischen Definition wird bei Wohnungen von einem Leerstand gesprochen, wenn diese auf dem Wohnungsmarkt angeboten werden und nach mindestens 3 Monaten noch keine (neuen) Mieter gefunden worden sind.[2] Nach dieser Definition werden insbesondere zum Abriss vorgesehene oder von Umbau bzw. Modernisierung betroffene Wohnungen nicht mehr zum Leerstand gezählt.[3] Ein Mietrückgang liegt vor, wenn die Mieteinnahmen für den Erlasszeitraum niedriger sind als die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete. Ein Mietausfall tritt ein, wenn die Räume zwar vermietet sind, die vereinbarte Miete jedoch ganz oder teilweise, z. B. infolge einer Zahlungsunfähigkeit des Mieters, nicht gezahlt worden ist.

Ein Erlass kann auch bei nur zeitweiser Minderung des normalen Rohertrags während des Erlasszeitraums in Betracht kommen.

 

Rz. 13

einstweilen frei

[1] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, 2007: Grundstückswertermittlung im Stadtumbau. Verkehrswertermittlung bei Schrumpfung und Leerstand. Forschungen H. 127, Bonn, 23.
[2] Klebsch, 1997: Leerstand von Wohnungen, in: Mändle, E.; Galonska, J.: Wohnungs- und Immobilien-Lexikon, Hamburg, 536–537.
[3] BBSR-Berichte KOMPAKT 02/2017, Workshop am 7.2.2017 in Berlin, Lücken in der Leerstandsforschung – Wie Leerstände besser erhoben werden können, 5.

2.1.1 Normaler Rohertrag

 

Rz. 14

Ein Teilerlass von der Grundsteuer nach § 34 GrStG setzt zunächst voraus, dass der normale Rohertrag des bebauten Grundstücks in einem bestimmten Ausmaß (s. Rz. 21) gemindert ist.

Den Begriff des normalen Rohertrags hat der Gesetzgeber im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019[1] unter Berücksichtigung des reformierten Bewertungsrechts fortentwickelt und dabei – im Gegensatz zur bisherigen Regelung in § 33 GrStG – konkretisiert.

Normaler Rohertrag ist bei bebauten Grundstücken gem. § 34 Abs. 1 S. 3 und 4 GrStG die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete, die in Anlehnung an die Miete zu ermitteln ist, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Betriebskosten sind hierbei gem. § 34 Abs. 1 S. 5 GrStG nicht einzubeziehen.

Einerseits wurde mit dieser Begriffsbestimmung die Verwaltungsvereinfachung, die mit der Neufassung des bisherigen § 33 Abs. 1 GrStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 mit Wirkung zum 1.1.2008 erreicht wurde, erhalten.[2] Durch die generelle Anknüpfung an die zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete ist für die Bestimmung des normalen Rohertrags insbesondere nicht mehr relevant, ob zu Beginn des KJs (Erlasszeitraums) eine Vermietung oder ein Leerstand vorliegt und welche Mieteinnahmen für die tatsächlich überlassenen Räume erzielt werden. Gegenstandslos ist darüber hinaus die Frage, ob das bebaute Grundstück im Ertrags- oder Sachwertverfahren zu bewerten ist. Anderseits trägt die Begriffsbestimmung dem Umstand Rechnung getragen, dass die – umlagefähigen – Betriebskosten nach § 2 der Betriebskostenverordnung[3] regelmäßig nicht in den Rohertrag einzubeziehen sind.[4]

Zur Ermittlung der üblichen Jahresmiete gibt es in der Praxis verschiedene Möglichkeiten. Im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur bis einschließlich des Kalenderjahres 2024 geltenden Einheitsbewertung ist eine übliche Miete in erster Linie durch unmittelbaren Vergleich aus tatsächlich gezahlten Mieten für geeignete Vergleichsobjekte abzuleiten (Vergleichsmieten).[5] Liegen derartige Vergleichsmieten nicht vor, kann zur Ermittlung der üblichen Jahresmiete bei zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden/Gebäudeteilen insbesondere die ortsübliche Vergleichsmiete aus örtlichen Mietspiegeln i. S. d. §§ 558c, 558d BGB herangezogen werden. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gem. § 558 Abs. 2 BGB gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten 6[6] Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Bet...

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