1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift enthält erforderliche verfahrensrechtlichen Regelungen zum Erlass der Grundsteuer in den Fällen nach §§ 32 bis 34 GrStG.

1.1 Regelungsgegenstand

 

Rz. 2

Bestimmt werden insbesondere der Erlasszeitraum, die maßgeblichen Verhältnisse für den Erlass, das Antragserfordernis innerhalb einer Ausschlussfrist sowie eine Anzeigepflicht im Rahmen der dauerhaften Erlasstatbestände nach § 32 GrStG.

Die Vorschrift gewährleistet somit einen geordneten Verfahrensablauf und schafft Rechtssicherheit sowohl für die Steuerschuldner (Antragsteller) als auch für die über den Erlassantrag entscheidenden Gemeinden (Steuergläubiger).

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

Die Vorschrift wurde mit dem Grundsteuer-Reformgesetz (GrStRefG) v. 26.11.2019[1] in das Grundsteuergesetz eingefügt. Sie übernimmt inhaltsgleich die bisherige Regelungsmaterie in § 34 GrStG i. d. F. des Grundsteuergesetzes v. 7.8.1973[2], zuletzt geändert durch Artikel 38 des Jahressteuergesetzes 2009 v. 19.12.2008[3], zum Erlassverfahren (s. § 32 GrStG, Rz. 2).[4]

§ 35 GrStG i. d. F. des Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019 gilt gem. § 37 Abs. 1 GrStG erstmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2025. Für die Grundsteuer bis einschließlich des Kalenderjahres 2024 findet § 34 GrStG i. d. F. des Grundsteuergesetzes v. 7.8.1973[5], zuletzt geändert durch Artikel 38 des Jahressteuergesetzes 2009 v. 19.12.2008[6], nach § 37 Abs. 2 GrStG weiter Anwendung.

 

Rz. 4

einstweilen frei

[1] BGBl I 2019, 1794.
[2] BGBl I 1973, 965.
[3] BGBl I 2008, 2794.
[4] Gesetzesbegründung zu § 35 – neuGrStG, BT-Drs. 19/11085 v. 25.6.2019, 126.
[5] BGBl I 1973, 965.
[6] BGBl I 2008, 2794.

1.3 Regelungszusammenhänge

 

Rz. 5

Die Vorschrift enthält die erforderlichen verfahrensrechtlichen Regelungen zu den Erlasstatbeständen nach §§ 32 bis 34 GrStG.

Die Vorschriften sind nicht auf den Erlass nach § 227 AO übertragbar.

 

Rz. 6-8

einstweilen frei

2 Erlasszeitraum und maßgebliche Verhältnisse (Abs. 1)

 

Rz. 9

Nach § 35 Abs. 1 S. 1 GrStG wird der Erlass jeweils nach Ablauf eines Kalenderjahres für die Grundsteuer ausgesprochen, die für das Kalenderjahr festgesetzt worden ist. Hierdurch definiert die Vorschrift das Kalenderjahr, für das die Grundsteuer festgesetzt wird, zum Erlasszeitraum für die Grundsteuer.

Nach dieser Definition des Erlasszeitraums kann die Entscheidung über einen Erlass grundsätzlich erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres endgültig getroffen werden. Soweit bereits während des Kalenderjahres absehbar ist, dass die Erlassvoraussetzungen erfüllt sein werden, sollte die Gemeinde die Grundsteuer allerdings zweckmäßigerweise stunden. In den Fällen des § 32 GrStG, in denen für die Beurteilung der Unrentabilität grundsätzlich rückblickend auf einen Dreijahreszeitraum abzustellen ist, sollte die Gemeinde im Zweifelsfall die Grundsteuer des laufenden Jahres und der beiden folgenden Kalenderjahre bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres stunden, da erst rückblickend festgestellt werden kann, ob der Rohertrag in der Regel unter den jährlichen Kosten liegt (s. § 32 GrStG, Rz. 17).[1] Nach Ablauf der Stundungsfrist hat der Steuerschuldner die Erlassvoraussetzungen nachzuweisen. In Abhängigkeit davon, ob der Nachweis erbracht wurde oder nicht, ist die Grundsteuer für diese 3 Jahre zu erlassen oder rückwirkend zu erheben.

Maßgebend für die Entscheidung über den Erlass sind gem. § 35 Abs. 1 S. 2 GrStG nicht die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres i. S. d. § 9 GrStG, sondern die Verhältnisse im Erlasszeitraum. Änderungen der Verhältnisse nach Ablauf des Erlasszeitraums, insbesondere eine verbesserte Ertragslage, bleiben in Abweichung von den allgemeinen Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO außer Betracht.

Ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung für einen Erlass nach § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 1 GrStG ist, dass die wirtschaftliche Existenz des Steuerschuldners noch nicht vernichtet ist. Zum Kreis der Erlassberechtigten nur können insoweit nur noch diejenigen gehören, denen der Erlass im Erlasszeitraum wirtschaftlich noch zugutekommen kann.[2]

 

Rz. 10

einstweilen frei

[1] OVG Sachsen-Anhalt v. 23.3.2007, 4 L 22/07, juris, sowie Abschn. 35 Abs. 2 S. 12 GrStR.
[2] BVerwG v. 15.4.1983, 8 C 52/81, KStZ 1983, 137.

3 Erlassantrag und Antragsfrist (Abs. 2)

 

Rz. 11

Nach § 35 Abs. 2 S. 1 GrStG wird ein Erlass von der Grundsteuer nur auf Antrag gewährt. Wenngleich eine besondere Form für diesen Antrag nicht vorgeschrieben ist, ist die Schriftform zu empfehlen.

Der Erlassantrag ist vom Steuerschuldner zu stellen. Ein zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück Verpflichteter (Haftungs- bzw. Duldungsschuldner) ist hierzu nicht berechtigt.[1]

Nach § 34 Abs. 2 S. 2 GrStG ist der Erlassantrag bis zum 31.3. des auf den Erlasszeitraum folgenden Kalenderjahres zu stellen. Diese gesetzliche Ausschlussfrist ist nicht verlängerbar. Bei unverschuldeter Versäumnis der Frist kann allenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Maßgabe des § 110 AO in Betracht kommen. Nach Finanzrechtsprechung kann dies u. a. der Fall sein, wenn der Steuerschuldner durch eigene Gesetzesauslegung rechtlich vertretbar zu einer anderen Fristdauer nach § 35 Abs. 2 GrStG gelangt.[2]

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