Rz. 15
Ausweislich des Glossars zur Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zum Zusatzprogramm des Mikrozensus 2018 wurde unter der Nettokaltmiete (häufig auch als Nettomiete oder Grundmiete bezeichnet) der monatliche Betrag verstanden, der mit dem Vermieter als Entgelt für die Überlassung der ganzen Wohnung zum Zeitpunkt der Zählung vereinbart war. Dabei war es gleichgültig, ob die Miete tatsächlich gezahlt wurde oder nicht. In die Nettokaltmiete wurden weder die "kalten Nebenkosten" (insbesondere Betriebskosten i. S. d. § 2 Betriebskostenverordnung) noch die "warmen Nebenkosten" bzw. Umlagen für den Betrieb einer Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlage usw. einbezogen.
Rz. 16
Nettokaltmieten stellen als Rohertrag des Grundstücks grundsätzlich eine geeignete Ausgangsgröße für die Ertragswertermittlung dar. Bei der Bewertung von bebauten Grundstücken im Ertragswertverfahren werden Umlagen, die zur Deckung der Betriebskosten i. S. d. § 2 Betriebskostenverordnung mit dem Mieter neben der Miete abgerechnet werden können, nicht beim Rohertrag des Grundstücks erfasst. Infolgedessen werden vom Rohertrag des Grundstücks nur noch die nicht durch Umlagen oder sonstigen Kostenübernahmen gedeckte Bewirtschaftungskosten abgezogen.
Die in der ImmoWertV geregelten Standardverfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts im Ertragswertverfahren knüpfen beim Rohertrag des Grundstücks an die marktüblich erzielbaren Erträge an. Zur Prüfung der Marktüblichkeit der Erträge wird bei Wohnraum in erster Linie auf die ortsübliche Vergleichsmiete zurückgegriffen (§ 252 BewG Rz. 13). Marktmieten aus Neuvertragsabschlüssen von z. B. deutlich über 20 EUR/m² Wohnfläche erweisen sich bei dieser Prüfung häufig als "Overrent-Mieten", deren temporäre Mehrerträge im Rahmen der Ertragswertverfahren auf der Grundlage des Baugesetzbuchs als besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale durch marktgerechte Zu- und Abschläge nach der Marktanpassung (nach dem eigentlichen Verfahren) gesondert zu berücksichtigen sind.
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gem. § 558 Abs. 2 BGB gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten 6 Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist. Für die ortsübliche Vergleichsmiete relevant sind somit grundsätzlich alle Neuvermietungen der letzten 6 Jahre sowie alle Bestandsverträge, bei denen die Miete in den letzten 6 Jahren geändert wurde. Die ortsübliche Vergleichsmiete stellt bei Mieterhöhungen die Obergrenze dar.
Die Marktmiete, die im Falle einer Neuvermietung unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage – ohne Bindung an die ortsübliche Vergleichsmiete – erzielt werden kann, ist bei langfristiger Betrachtung nur temporär und insoweit nicht nachhaltig erzielbar. Die Marktmiete wird aufgrund der Mietgesetzgebung über kurz oder lang von den ortsüblichen Vergleichsmieten eingeholt.
Im typisierte Ertragswertverfahren nach den §§ 252ff. BewG wird aus Vereinfachungsgründen nicht auf die ortsübliche Vergleichsmiete, sondern auf aus der Zusatzerhebung zum Mikrozensus 2018 des Statistischen Bundesamtes abgeleitete durchschnittliche Nettokaltmieten ("statistische Miete") zurückgegriffen. Durch die Einbeziehung auch älterer Bestandsmieten liegen die aus dem Mikrozensus abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten tendenziell unter den ortsüblichen Vergleichsmieten.
Klassifizierung von Mieten
Um die Mietpreisdynamik im Wohnungsmarkt sachgerecht zu erfassen, sollten die durchschnittlichen Nettokaltmieten in der Anlage 39 zum BewG unter Nutzung der Ermächtigungsgrundlage in § 263 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BewG regelmäßig an die geänderten Verhältnisse angepasst werden. Mit der Aktualisierung der durchschnittlichen Nettokaltmieten anhand der Auswertung aktuelleren Daten aus dem Mikrozensus 2018 ist der Gesetzgeber bereits einen ersten wichtigen Schritt in diese Richtung gegangen (Rz. 13).
Rz. 17
einstweilen frei