Rz. 36
In dem im Wege des Jahressteuergesetzes 2022 (Rz. 7) neu eingefügten § 15 Abs. 6 GrStG wird zunächst allgemein gültig für alle Ermäßigungstatbestände nach § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG geregelt, dass die Ermäßigung der Steuermesszahl jeweils einen Antrag voraussetzt. Dieser kann gem. § 15 Abs. 6 S. 4 GrStG durch eine entsprechende Angabe in der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts nach § 228 Abs. 1 BewG erfolgen.
Die beantragte Ermäßigung der Steuermesszahl wird gem. § 15 Abs. 6 S. 1 GrStG zunächst für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums gewährt, wenn nachgewiesen wird, dass die jeweiligen Voraussetzungen am Hauptveranlagungszeitpunkt vorliegen.
Treten die Voraussetzungen des jeweiligen Erlasstatbestands nach § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG erst im Laufe des Hauptveranlagungszeitraums ein, erfolgt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine entsprechende Ermäßigung der Steuermesszahl für die Erhebungszeiträume, zu deren Beginn die Voraussetzungen erfüllt sind. Der Steuermessbetrag wird gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 2 Nr. 2 GrStG zu Beginn desjenigen Kalenderjahres neu veranlagt, auf dessen Beginn die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Steuermesszahl erstmalig vorliegen (§ 15 Abs. 6 S. 2 GrStG).
Entfallen die Voraussetzungen für die ermäßigte Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG, ist dies gem. § 19 Abs. 2 GrStG dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht besteht auch, wenn die Voraussetzungen nur für einen Teil des Grundbesitzes wegfallen und im Übrigen bestehen bleiben. Infolgedessen ist der Steuermessbetrag auf den Beginn des Kalenderjahres, der dem Wegfall der Voraussetzungen für die Ermäßigung der Steuermesszahl folgt, gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 2 Nr. 2 GrStG neu zu veranlagen (Rz. 38) oder in den Fällen des § 21 GrStG zum Hauptveranlagungszeitpunkt zu ändern (§ 15 Abs. 6 S. 3 GrStG).
5.1 Teilweise Erfüllung eines Ermäßigungstatbestandes
Rz. 37
Wenn die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2, 3 oder 5 GrStG nur für einen Teil der wirtschaftlichen Einheit vorliegen oder das Grundstück nur teilweise einer der in § 15 Abs. 4 GrStG genannten Gesellschaft zuzurechnen ist, so ist die Ermäßigung entsprechend anteilig zu gewähren.
Nach Verwaltungsauffassung erfolgt eine derartige Aufteilung bei Wohngrundstücken i. S. d. § 249 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BewG im Verhältnis der für vergünstigte Zwecke genutzten Wohn- und Nutzfläche zur gesamten Wohn- und Nutzfläche, wobei für steuervergünstigte Stellplätze aus Vereinfachungsgründen eine Fläche von 15 m² je Stellplatz anzunehmen ist.
Bei Nichtwohngrundstücken i. S. d. § 249 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 BewG und einer Ermäßigung der Steuermesszahl nach § 15 Abs. 5 GrStG soll die Aufteilung im Verhältnis der für vergünstigte Zwecke genutzten Bruttogrundfläche zur gesamten Bruttogrundfläche erfolgen.
5.2 Zeitweise Erfüllung eines Ermäßigungstatbestandes
Rz. 38
Wenn die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG nicht während des gesamten Hauptveranlagungszeitraums vorliegen, so ist die Ermäßigung für jeden vollen Erhebungszeitraum zu gewähren, zu dessen Beginn die Voraussetzungen für die Ermäßigung vorliegen (Rz. 36).
Zeitweise Erfüllung eines Ermäßigungstatbestandes:
Die Wobau GmbH hat im Zusammenhang mit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses im Jahr 2017 eine Förderzusage für ein verbilligtes langfristiges Darlehen (Laufzeit 10 Jahre; Laufzeitende: 20. Oktober 2027; Bindungsfrist für verbilligte Wohnraumüberlassung endet am 1. Dezember 2027) bekommen.
Da die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung zum 1. Januar 2028 nicht mehr vorliegen, kommt sie nur für die Jahre 2025 bis 2027 in Betracht. Auf den 1. Januar 2028 ist eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 2 Nr. 2 GrStG durchzuführen.
5.3 Gleichzeitige Erfüllung mehrerer Ermäßigungstatbestände
Rz. 39
Wenn neben den Voraussetzungen für die Ermäßigung der Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2, 3 oder 4 GrStG auch die Voraussetzung für eine Ermäßigung nach § 15 Abs. 5 GrStG vorliegt, so sind die Ermäßigungen additiv zu gewähren. Die Steuermesszahl kann somit insgesamt um max. 35 % ermäßigt werden (25 % nach § 15 Abs. 2, 3 oder 4 GrStG und 10 % nach § 15 Abs. 5 GrStG). Die maßgebende Steuermesszahl ist nicht zu runden.