Rz. 10

§ 6 GrStG schränkt die in §§ 3 und 4 GrStG normierten Steuerbefreiungen für land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz ein (§ 3 GrStG Rz. 1, 3).

Für die Anwendung des § 6 GrStG ist daher zunächst eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Grundbesitzes, unabhängig von Art und Umfang der Nutzung, erforderlich.

Nach § 232 Abs. 1 S. 1 GrStG ist unter Land- und Forstwirtschaft die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbst gewonnen Erzeugnisse zu verstehen.

§ 6 GrStG setzt nicht voraus, dass der zu beurteilende Grundbesitz bewertungsrechtlich als Betrieb der Landwirtschaft und Forstwirtschaft zu qualifizieren ist oder mit Gewinnerzielungsabsicht bewirtschaftet wird. Unerheblich sind auch das Ausmaß und die Intensität der auf dem Grundbesitz ausgeübten landwirtschaftlichen Betätigung. Ohne Bedeutung sind des Weiteren die Zweckbestimmung zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung i. S. d. § 232 Abs. 1 BewG oder die bewertungsrechtliche Grundstücksart. Im Anwendungsbereich des § 6 GrStG ist allein maßgebend, ob tatsächlich eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorliegt.[1] Dabei ist auch eine nur extensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung, z. B. durch Schafhütung oder Ausübung des Jagdrechts, schädlich.[2] Infolgedessen kann nach § 6 GrStG beispielsweise auch zum Grundvermögen gehörendes Bauland (§ 69 BewG), das tatsächlich land- und forstwirtschaftlich genutzt wird, von der Grundsteuerbefreiung ausgeschlossen sein.

Allein die Beurteilung von Grundstücken als Ackerland oder Forstfläche im Rahmen der Bodenschätzung und die entsprechende Eintragung beim Katasteramt genügen allerdings nicht für die Annahme einer landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung von Grundbesitz i. S. d. § 6 GrStG. In der Finanzrechtsprechung wird eine forstwirtschaftliche Nutzung von Grundbesitz i. S. d. § 6 GrStG erst bei einer Mindestgröße von zusammenhängenden Waldflächen von mehr als zwei Hektar angenommen. Allein die gesetzliche Mitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft gem. Bundesjagdgesetz (BJagdG) stellt keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Grund und Bodens i. S. d. § 6 GrStG dar. Hinzutreten muss die tatsächliche Jagdausübung.[3]

 

Rz. 11

Eine Steuerbefreiung kann nur in Betracht kommen, wenn der Grundbesitz für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird. Es müssen sowohl die subjektiven als auch die objektiven Voraussetzungen für einen Steuerbefreiungstatbestand nach §§ 3 oder 4 GrStG vorliegen. Land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz ist grundsätzlich steuerpflichtig. Lediglich für bestimmte Fälle, in denen der für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3, 4 GrStG benutzte Grundbesitz, zugleich land- und forstwirtschaftlich genutzt wird, werden in den Nrn. 1-3 des § 6 GrStG Ausnahmen von diesem Grundsatz geregelt (Rz. 13ff.).

Wird der Grundbesitz sowohl zu steuerbegünstigten als auch zu anderen Zwecken benutzt, regelt grundsätzlich § 8 GrStG den Umfang der Steuerbefreiung. Lassen sich diese Teile des Grundbesitzes räumlich voneinander abgrenzen, ist nach § 8 Abs. 1 GrStG nur der für steuerbegünstigte Zwecke benutzte Teil des Grundbesitzes steuerfrei. Der für andere – nicht steuerbegünstigte Zwecke – benutzte Teil des Grundbesitzes ist steuerpflichtig. Soweit eine derartige räumliche Abgrenzung der Zwecke nicht möglich, ist gem. § 8 Abs. 2 GrStG für die Gewährung einer Steuerbefreiung maßgeblich, dass die unmittelbare Benutzung für die steuerbegünstigten Zwecke überwiegt. Eine Ausnahme von dem Grundsatz nach § 8 Abs. 2 GrStG enthält § 6 GrStG. Wird Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3, 4 GrStG benutzt wird, zugleich land- und forstwirtschaftlich genutzt, geht § 6 GrStG als speziellere Vorschrift der grundsätzlichen Regelung in § 8 Abs. 2 GrStG vor. Eine Steuerbefreiung kommt ausschließlich für die in § 6 Nrn. 1-3 GrStG normierten Ausnahmefälle in Betracht. In diesen Fällen ist es unerheblich, ob die steuerbegünstigte oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung überwiegt. In allen anderen Fällen, in denen der Grundbesitz für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3, 4 GrStG benutzt und zugleich land- und forstwirtschaftlich genutzt wird, ist eine Steuerbefreiung ausgeschlossen.

Mithin schließt jede tatsächliche landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung des für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3, 4 GrStG benutzten Grundbesitzes – mit Ausnahme der in § 6 Nrn.1-3 GrStG geregelten Ausnahmefälle – nach § 6 GrStG eine Grundsteuerbefreiung aus. Dies gilt auch dann, wenn dieser Nutzung gegenüber der Verfolgung der steuerbegünstigten Zwecke (z. B. dem Naturschutz) eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt.[4]

Land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz ist auch steuerpflichtig, wenn die land- und forstwirtschaftliche Nutzung der unmittelbaren Verwirklichung begünstigter Zwecke dient. So ist die Gärtnerei eines Sozialversicherungsträgers auch dann steuerpflichtig, wenn s...

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