Rz. 175

Der hessische Landesgesetzgeber hat zur Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) – abweichend vom Bundesrecht – ein sog. "Flächen-Faktor-Verfahren" eingeführt. Es erweitert das bayerische – reine – Flächenmodell (siehe 3.2.2) zwecks Lagedifferenzierung um einen Lagefaktor, der sich aus dem Verhältnis des Bodenrichtwerts der Bodenrichtwertzone, in der das zu bewertenden Grundstücks liegt, zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde ermittelt und mit Hilfe eines Exponenten in Höhe von 0,3 gedämpft wird. Es handelt sich hierbei nicht um eine "Vollregelung" des gesamten Grundsteuer- und Bewertungsrechts, sondern lediglich um Abweichungen vom Bundesrecht einschließlich erforderlicher Ergänzungen. Soweit der Landesgesetzgeber keine abweichenden Regelungen getroffen hat, findet das bundesgesetzlich geregelte Grundsteuer- und Bewertungsrecht als "partielles Bundesrecht" weiter Anwendung.[1]

 

Rz. 176

Mit dem "Flächen-Faktor-Verfahren" weicht Hessen nicht nur materiell-rechtlich, sondern auch verfahrensrechtlich vom Bundesrecht ab. Hessen hat sich als einziges Land bei der Ermittlung der Grundsteuer für das Grundvermögen nicht für ein dreistufiges, sondern nur noch für ein zweistufiges Verwaltungsverfahren entschieden, bei dem die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags durch das zuständige FA und die Festsetzung der Grundsteuer durch die Gemeinde erfolgt. Auf eine gesonderte Feststellung von Grundsteuerwerten, wie im Bundesmodell, oder von Äquivalenzbeträgen, wie in anderen Ländern, die das Flächenmodell umsetzen, wird somit verzichtet. Die Steuermessbeträge werden erstmalig auf den 1.1.2022 und danach in Zeitabständen von 14 Jahren jeweils auf den 1.1. allgemein festgesetzt (Hauptveranlagung). Für die Festsetzung der Steuermessbeträge gilt gem. § 2 Abs. 5 HGrStG die Abgabenordnung und das Finanzverwaltungsgesetz entsprechend.

In Anlehnung an § 25 Abs. 5 GrStG wird auch den hessischen Gemeinden ab dem Jahr 2025 landesrechtlich die Möglichkeit eingeräumt, für unbebaute baureife Grundstücke eine sog. Grundsteuer C zu erheben. Abweichend vom Bundesrecht ist hierbei vorgesehen, dass die Gemeinden zwecks Erweiterung des Entscheidungsspielraums unter Beachtung einer Höchstgrenze nicht nur einen, sondern mehrere erhöhte Hebesätze festlegen dürfen, um deren Höhe nach der Dauer der Baureife und Nichtbebauung abstufen zu können.

Das bundesgesetzlichen Regelungen für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (sog. Grundsteuer A) finden in Hessen uneingeschränkt Anwendung.

[1] Krumm/Paeßens, GrStG, Grundlagen, Rn. 76.

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