Rz. 215
Die für die Flächenmodelle bestehenden verfassungsrechtlichen Risiken (Rz. 62-66), insbesondere der fehlende Begründungszusammenhang zwischen Belastungsgrund und Bemessungsgrundlage (Rz. 63) sowie die Willkürlichkeit der Äquivalenzzahlen (Rz. 64), gelten auch für das auf dem reinen Flächenmodell aufbauende hesssische "Flächen-Faktor-Verfahren".
Wenngleich die Ansätze (EUR-Beträge), mit denen die jeweiligen Grundstücks- und Gebäudeflächen multipliziert werden, im hessischen "Flächen-Faktor-Verfahren" nicht explizit als Äquivalenzzahlen bezeichnet werden, sollen mit den unterschiedlichen EUR-Beträgen je Quadratmeter für Grund und Boden und aufstehende Gebäude i. S. d. Äquivalenzprinzips die Nutzungsmöglichkeiten kommunaler Infrastruktur erfasst werden. Hinsichtlich der Höhe sind sie mit den Äquivalenzzahlen in den anderen Ländern, die das Flächenmodell umsetzten, identisch (s. Rz. 195).
Rz. 216
Da sich die Nutzungsmöglichkeit kommunaler Infrastruktur zwar in erster Linie in der Fläche spiegelt, sich aber auch im Bodenrichtwert niederschlägt, hat der hessische Gesetzgeber es für erforderlich gehalten, die rein flächenbezogene Bemessungsgrundlage durch Anwendung eines lagebezogenen Faktors (Lagefaktor), der sich aus dem Verhältnis der Höhe des Bodenrichtwerts für das jeweilige Grundstück zum durchschnittlichen Bodenrichtwert in der Gemeinde ergibt und mithilfe eines Exponenten in Höhe von 0,3 gedämpft wird, weiter zu differenzieren (Rz. 203 ff.).
Wie die Äquivalenzzahlen (Rz. 215) kann auch der Lagefaktor keinen hinreichend begründeten Zusammenhang zwischen der Nutzungsmöglichkeit kommunaler Infrastruktur und der Bemessungsrundlage herstellen. Mit dem Lagefaktor wird eher pauschal das "Bauchgefühl" bedient, dass ein Grundstück mit einem gemessen am Gemeindedurchschnitt höheren oder niedrigeren Bodenrichtwert mehr oder weniger an den kommunalen Leistungen partizipiert. Die örtliche Infrastruktur ist allerdings nur ein wertbeinflussendes Grundstücksmerkmal, das vom Grundstücksmarkt honoriert und damit in die Höhe des jeweiligen Bodenrichtwerts einfließt.
Darüber hinaus wird die lagebezogene Differenzierungswirkung des Lagefaktors durch die Anwendung eines Exponenten von kleiner als 1, nämlich 0,3, deutlich gedämpft (Rz. 204).
Wenngleich der hessische Gesetzgeber ausführlich erläutert hat, dass nach seiner Auffassung der Lagefaktor nicht zu einem Äquivalenzmodell mit einer gesonderten Wertkomponente (sog. Mischmodell) führt (Rz. 203), wird in weiten Teilen der Fachkommentierung infolge der Anknüpfung an die Bodenrichtwerte jedoch zurecht eine Vermischung von wertabhängigen und wertunabhängigen Elementen gesehen, die das Riskio einer nicht folgerichtigen Umsetzung der Belastungsrundentscheidung in sich trägt.
Zur Ermittlung des durchschnittlichen Bodenrichtwerts über alle Nutzungsarten baureifen Lands hinweg, einschließlich der Aufgabenzuweisung an die Zentrale Geschäftsstelle der Gutachterausschüsse für Immobilienrichtwerte des Landes Hessen im Wege des HGrStG, wird analog auf Niedersachsen verwiesen, s. Rz. 273.
Rz. 217 – 224
Einstweilen frei