Leitsatz
Wird ein fehlgeschlagenes Anschaffungsgeschäft tatsächlich rückabgewickelt, so liegt ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG selbst dann nicht vor, wenn wirtschaftliches Eigentum erworben wurde.
Sachverhalt
Die Kläger erwarben im August 1997 durch notariell beurkundeten Vertrag von einem Bauträger eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Der Kaufpreis war entsprechend dem Bautenzustand zu zahlen, jedoch erst mit Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch fällig. Nach der Fertigstellung im Februar 1998 wurde die Wohnung ab März 1998 vermietet. Im Juli 2000 forderten die Kläger den Bauträger auf, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu ihren Gunsten zu bewirken; eine Erfüllung nach Fristablauf lehnten sie ab und kündigten vorsorglich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Nichterfüllung an. Nachdem die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung fruchtlos verstrichen und der Bauträger in Konkurs gefallen war, forderten die Kläger vom Bürgen des Bauträgers den Kaufpreis in voller Höhe als Mindestschaden, den dieser auch im Juli 2000 Zug um Zug an die Kläger gegen Räumung der Wohnung bzw. Sicherstellung der Überweisung der vereinbarten Miete ab sofort auf ein Konto des Bauträgers. Das Finanzamt wertete entgegen dem Vortrag der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises für den Veranlagungszeitraum als privates Veräußerungsgeschäft
Entscheidung
Das Finanzgericht folgte dem Begehren der Kläger erachtete die Klage als begründet.
Es verneint das Vorliegen des Tatbestandes eines privaten Veräußerungsgeschäfts aus zwei Gründen.
Zum einen liegt keine Anschaffung vor, weil das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft nicht dinglich vollzogen wurde, die Kläger somit nicht zivilrechtliche Eigentümer des Grundstücks wurden.
Zum anderen liegt nach Auffassung des Senats auch keine Veräußerung vor.
Der Senat begründet dies zuvorderst damit, dass die Rückgabe der Wohnung nicht auf einem Verpflichtungsgeschäft sondern vielmehr auf einem Abwicklungsverhältnis beruhe. Diese wirke, auch wenn tatsächlich das wirtschaftliche Eigentum übergegangen sei, auf den bereits erfolgten Übertragungsakt zurück. Da allein die Folgen des fehlgeschlagen Anschaffungsgeschäfts beseitigt werden, könne man die Rückgabe nicht als neue Veräußerung ansehen.
Weiterhin liegt nach der Auffassung des Senats im vorliegenden Fall keine Einkunftserzielungsabsicht vor. Denn derjenige, der ein fehlgeschlagenes Anschaffungsgeschäft rückabwickelt, macht dies nämlich nicht, um einen Gewinn zu erwirtschaften, sondern um den ursprünglichen Zustand, der vor dem fehlgeschlagenen Anschaffungsgeschäft bestand, wiederherzustellen.
Dieses Ergebnis entspreche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, Wertvermehrungen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen. Denn das Recht zu Wertvermehrungen komme grundsätzlich nur dem zivilrechtlichen Eigentümer zu, da dieser die Befugnis besäße, das Grundstück auf andere Rechtsträger nach §§ 873, 925 BGB zu übertragen. Auf Grund der Ausnahmeregelung des § 23 EStG gegenüber dem Grundsatz, dass Vermögenszugänge im Privatbereich weder steuererhöhend noch steuermindernd zu berücksichtigen seien, spiele es keine Rolle, dass die Vermietungseinkünfte und der Vorteil der Inanspruchnahme der Absetzungen für Abnutzungen den Klägern verblieben seien.
Der Senat weicht nach seiner Auffassung nicht von der BFH-Entscheidung vom 21.10.1999 (I R 43, 44/98, I R 43/98, I R 44/98, BStBl 2000 II S. 424) ab. Diese Entscheidung sei zu § 17 EStG ergangen. Der Begriff der Veräußerung werde aber in § 17 EStG und § 23 EStG nicht inhaltsgleich verwendet, da bei § 17 EStG auf die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums abgestellt werde.
Hinweis
Das Finanzamt hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt (IX R 47/04). Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten.
Der Fall ist dahin gesondert, dass tatsächlich kein zivilrechtlicher Eigentumsübergang erfolgte. Dementsprechend unterscheidet er sich auch grundlegend von der Auffassung der Finanzverwaltung, wie sie von der OFD Frankfurt dargelegt wird (DStR 2001 S. 1753). Die dort angeführten Grundsätze beruhten auf der Fallgestaltung, dass auch das zivilrechtliche Eigentum übergegangen war. Steuerpflichtige, bei denen das zivilrechtliche Eigentum übergegangen war, können sich also nicht von vornherein auf die Entscheidung des FG berufen.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.09.2004, 4 K 1144/03