1. Umgang mit den Rückforderungsbescheiden
Aus den oben dargestellten Beispielen zum Rückzahlungsbedarf ergeben sich zahlreiche Fragen, wie mit den Rückforderungsbescheiden bei den antragstellenden Unternehmen umgegangen werden soll. Im Folgenden sollen Handlungsanweisungen bzw. taktische Möglichkeiten dargestellt werden. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei auf den Handlungsoptionen des Steuerberaters bzw. des Rechtsanwalts.
2. Aufschiebende Wirkung Widerspruch und Klage
Die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Rückforderungsbescheid und auch die Erhebung der Klage gegen einen Widerspruchsbescheid haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO. Das bedeutet, dass die Behörde, die den Rückforderungsbescheid erlassen hat, den Verwaltungsakt nicht vollziehen darf, insb. keine Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen.
Fälligkeit: In der Praxis bedeutet das, dass die Beträge, die von den Bewilligungsbehörden mittels der Rückforderungsbescheid zurückgefordert werden, bei Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht zurückgezahlt werden müssen. Die Rückzahlung wird erst dann fällig, wenn der Rückforderungsbescheid nach erfolglosen Rechtsbehelfsverfahren rechtskräftig geworden ist.
Verzinsung: Es besteht lediglich die Gefahr, dass die zurückzuzahlende Fördersumme zu verzinsen ist. Gemäß Ziff. 3.13 der FAQs zu den Schlussabrechnungen des BMWi soll bis zum Ende der Zahlungsfrist keine Verzinsung zu leisten sein. Nach Erlass des Rückzahlungsbescheids beträgt die Rückzahlungsfrist sechs Monate ab Bescheiddatum.
Ab Fälligkeit der Rückzahlungsforderung soll eine Verzinsung i.H.v. 2 % über dem Basiszinssatz festgelegt werden. Eine Verpflichtung hierzu besteht mithin nicht. Jedenfalls ist derzeit davon auszugehen, dass mit Einlegung eines Widerspruchs oder Erhebung der Klage gegen den Rückforderungsbescheid keine Verzinsung mangels Fälligkeit und der aufschiebenden Wirkung stattfindet.
Beraterhinweis Sofern Aussichten auf Erfolg in den jeweiligen Verfahren gesehen werden oder nur um die Zahlungsfrist nach hinten zu schieben, ist es ratsam, Rechtsbehelfe gegen die Rückforderungsbescheide einzulegen. Erst nach Eintritt der Rechtskraft, lebt die Rückzahlungspflicht wieder auf. Klageverfahren vor den Verwaltungsgerichten dauern üblicherweise 12–18 Monate. Fehlende aktuelle Liquidität kann durch Ergreifen eines Rechtsbehelfs umgangen werden.
3. Steuerbilanzielle Behandlung der Rückzahlungsverpflichtung
Fraglich ist, wie eine Rückzahlungsverpflichtung steuerbilanziell zu behandeln ist. Im Rahmen der Schlussabrechnung stellen viele prüfende Dritte fest, dass die Corona-Hilfen entweder komplett oder teilweise zurückzuzahlen sind. Diese Information gilt es frühzeitig mit den Mandanten zu besprechen und insb. in der Bilanz umzusetzen.
Im vorliegenden Fall ist wohl eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Der prüfende Dritte hat nach seiner Auffassung anhand der derzeit geltenden Rechtsprechung zu bewerten, in welcher Höhe die Rückstellung zu bilden ist. Es kann keinen Unterschied machen, ob bereits ein Rückzahlungsbescheid vorliegt oder ob im Rahmen der Schlussabrechnung der Verdacht besteht, dass ein Teil der Corona-Hilfen zurückgezahlt werden muss.
Beraterhinweis Im Zweifel ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, sofern Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Corona-Hilfen zurückzuzahlen sind.
Hieran schließt sich dann die Prüfung des Steuerberaters an, ob die Einstellung der Rückstellung zu einer etwaigen bilanziellen Überschuldung führt und möglicherweise eine Insolvenzantragspflicht nach § 15 InsO besteht.
Beraterhinweis Sobald sich Anzeichen für eine bilanzielle Überschuldung oder eine Insolvenz ergeben, sollte zwingend ein Fachanwalt für Insolvenzrecht hinzugezogen werden. Zudem sollte in dieser Situation das Gespräch mit den Bewilligungsbehörden über die Rückzahlungsmodalitäten gesucht werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand werden großzügige Stundungsregelungen, sowie Ratenzahlungsvereinbarungen angeboten. Hiermit soll vermieden werden, dass die Unternehmen in die Insolvenz rutschen.
4. Eingestellter Geschäftsbetrieb nach Bewilligungsbescheid vor Schlussabrechnung
Ein Dauerbrenner in der Beraterpraxis ist sicherlich die Frage, wie im Rahmen der Schlussabrechnung mit den Unternehmen umgegangen werden soll, die ihren Geschäftsbetrieb nach Bewilligungsbescheid und Gewährung der Hilfen aber vor Erstellung der Schlussabrechnung eingestellt haben.
Grundsätzlich sollen keine Unternehmen gefördert werden, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt oder das Insolvenzverfahren angemeldet haben. Es sind jedoch drei unterschiedliche Fallkonstellationen zu beachten, bei der Frage, ob der Zuschuss zurückgezahlt werden muss.
- War der Geschäftsbetrieb schon bei Antragstellung eingestellt oder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet, so ist der vorläufig gewährte Zuschuss zurückzuzahlen mangels Antragsberechtigung. Gleiches gilt, wenn zwar der Geschäftsbetrieb erst nach Antragstellung, jedoch im Förderzeitraum eingestellt wurde. Eine Schlussabrechnung ist trotzdem abzugeben.
- Erfolgt die Einstellung des Geschäftsbetriebs oder die Anmeldung des Insolvenzverfahrens nach Erhalt des Zuschusses und des Förderzeit...