Überblick über die häufigsten Rückforderungsgründe und Handlungsbedarf zur Abwendung einer wirtschaftlichen Notlage
[Ohne Titel]
RAin/FAinStR Natascha Katemann, Betriebswirtin (B.Sc.)
Unternehmen müssen bis spätestens zum 30.9.2024 Schlussabrechnungen zu Corona- Hilfen abgeben. Bei den einzelnen Hilfen kann sich eine Rückzahlungspflicht ergeben, die die Unternehmen vor neue finanzielle Herausforderungen stellt. Der Beitrag beleuchtet die häufigsten Gründe für eine solche Rückzahlungspflicht und der sich hieraus ergebende Handlungsbedarf, um liquiditätssichernde Maßnahmen zu ergreifen und so eine Insolvenz zu verhindern.
I. Einleitung
Die Corona-Pandemie hat die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen stark gefährdet. Um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, hat die Bundesregierung umfassende staatliche Hilfsmaßnahmen, die sog. Corona-Hilfen, zur Verfügung gestellt. Sie zielten insb. auf die Stärkung der Liquidität der Unternehmen ab und sollten diese davor schützen, in eine wirtschaftliche Notlage zu geraten, die zur Insolvenz führen könnte.
Nun drei Jahre später müssen die Unternehmen bis spätestens zum 30.9.2024 die Schlussabrechnungen zu den einzelnen Hilfen abgeben. Im Rahmen der Erstellung der Schlussabrechnung und sich hieraus ergebender Schlussbescheide kann sich bei den einzelnen Hilfen eine Rückzahlungspflicht ergeben, die die Unternehmen vor neue finanzielle Herausforderungen stellt.
Der vorliegende Beitrag beleuchtet die häufigsten Gründe für eine solche Rückzahlungspflicht und der sich hieraus ergebende Handlungsbedarf, um liquiditätssichernde Maßnahmen zu ergreifen und so eine Insolvenz zu verhindern.
II. Häufigsten Gründe für eine Rückzahlungsverpflichtung
1. Umsatzbezogene Corona-Hilfen
Die Gewährung der Corona-Hilfen, wie Überbrückungshilfen bzw. November- und Dezemberhilfen, erfolgte im Gegensatz zu den zu Beginn gewährten Corona-Soforthilfen nicht auf Grundlage von pauschalen Zuschüssen, sondern auf einzelfallbezogenen Angaben, hier Zahlen aus dem Unternehmen.
Die Förderbedingungen der Überbrückungshilfen sehen vor, dass die endgültige Höhe der Billigkeitsleistung anhand der tatsächlichen Entwicklung von Umsatzzahlen zu ermitteln ist. Im Rahmen der Schlussabrechnung sind nun die tatsächlichen Zahlen den Bewilligungsbehörden mitzuteilen. Diese sind spätestens bis zum 30.9.2024 (letztmalige Fristverlängerung) durch prüfende Dritte vorzunehmen.
2. Überkompensation bei der November- bzw. Dezemberhilfe
Im Rahmen der November- und Dezemberhilfe 2021 wurde den Unternehmen pauschal 70 % des Umsatzes aus dem Vergleichsmonat November bzw. Dezember 2019 als Corona-Hilfe gewährt.
Hierbei sollten insb. Außer-Haus-Verkäufe nach den damals geltenden FAQs und Richtlinien unberücksichtigt gelassen, nun sollen sie aber doch in die Schlussabrechnung einbezogen werden.
Die Bewilligungsstellen begründen diese Auffassung damit, dass nach ihrer Auffassung eine Überkompensation vorliegt, da die tatsächlichen Umsatzzahlen, hier mussten die Außer-Haus-Verkäufe miteingerechnet werden, höher liegen als die Umsatzzahlen aus den Vergleichsmonaten November und Dezember 2019. Eine solche Überkompensation wird nun durch die Bewilligungsbehörden – entgegen der eigenen Regelungen in den FAQs – im Rahmen von Rückforderungsbescheiden zurückgefordert. Dass die Regelungen zum Zeitpunkt der Antragstellung andere waren, ist den Bewilligungsbehörden bekannt und wird auch von diesen nicht bestritten. Vielmehr werden die Rückforderungsbescheide damit begründet, dass die ursprünglichen Regelungen nicht zu dem Ergebnis geführt haben, das die Förderbanken bzw. der Bund beabsichtigt haben und dies mithin im Nachhinein "korrigiert" werden müsste.
Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob die Bewilligungsstellen die selbst aufgestellten Richtlinien und "Regeln" lange nach November und Dezember 2020 ändern durften. Das VG Düsseldorf (VG Düsseldorf v. 16.8.2022 – 20 K 393/22) und das OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NW v. 17.3.2023 – 4 A 1986/22) haben dies – aus meiner Sicht – zutreffend verneint. Die Bewilligungen ergingen unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung. An diesen Vorbehalt sind die Beteiligten – mithin auch die L-Bank – gebunden. Denn auch wenn einen Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen abschließenden Bescheid ersetzt, so kommt doch eine inhaltlich abweichende Regelung in diesem Schlussbescheid – außer in den Fällen der §§ 48, 49 LVwVfG – nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde. D.h., dass im Falle der vorläufigen Bewilligung einer Zuwendung die nicht mit Vorbehalt versehenen Vorgaben des Bewilligungsbescheides bei der Ersetzung dieser vorläufigen Bewilligung durch einen Schlussbescheid auch für dessen Rechtmäßigkeit maßgeblich sind.
Zugleich bedeutet dies, dass die Bewilligungsbehörde die in einem Zuwendungsbescheid verwandten Begrifflichkeiten nach dessen Erlass nicht mehr frei auslegen kann und dass nach seinem Erlass in Kraft getretene Re...