Leitsatz
Ein Investitionsabzugsbetrag kann gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG nachträglich im Jahr seines Abzugs rückgängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige im späteren Jahr der Investition zwar den (innerbilanziellen) Abzug von 40 % der Anschaffungskosten vornimmt, es aber unterlassen hat, den in einem Vorjahr abgezogenen Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell hinzuzurechnen, und das FA auf dieser Grundlage den – nicht mehr änderbaren – Steuerbescheid für das Jahr der Investition erlassen hat.
Normenkette
§ 7g Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In seiner Gewinnermittlung für das Streitjahr 2008 machte er einen außerbilanziellen Investitionsabzugsbetrag geltend. Im Jahr 2009 erwarb der Kläger einige Wirtschaftsgüter und minderte deren Anschaffungskosten innerbilanziell um jeweils 40 %. Dies entsprach der Höhe des im Vorjahr geltend gemachten Investitionsabzugsbetrags.
Die in § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG 2008 vorgesehene außerbilanzielle Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags unterblieb hingegen. Das FA veranlagte den Kläger sowohl für 2008 als auch für 2009 erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung.
Sowohl die innerbilanzielle Minderung als auch das Unterbleiben der außerbilanziellen Hinzurechnung war aus den beim FA eingereichten Unterlagen erkennbar. Nachdem das FA seinen Fehler bemerkt hatte, änderte es 2016 den ESt- und den GewSt-Bescheid für 2008 und erhöhte unter Bezugnahme auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG 2008 bzw. § 35b Abs. 1 GewStG den Gewinn jeweils um den in diesem Jahr in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.2.2019, 3 K 1658/18, Haufe-Index 13053557).
Entscheidung
Die Revision des Klägers war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen unbegründet.
Hinweis
1. Gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG 2008 ist der nach § 7g Abs. 1 EStG 2008 vorgenommene Abzug rückgängig zu machen, soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG 2008 hinzugerechnet wurde.
Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern. Dies gilt nach der – lediglich deklaratorischen – Regelung des § 7g Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 EStG 2008 auch dann, wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid bereits bestandskräftig geworden ist. In diesem Fall endet die Festsetzungsfrist für das Jahr der Vornahme des Investitionsabzugs nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den VZ abgelaufen ist, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr endet.
2. Eine einschränkende Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm ist auch nicht für die Konstellation geboten, in der tatsächlich eine Investition vorgenommen worden ist, aber sowohl der Steuerpflichtige die in § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG 2008 angeordnete Hinzurechnung unterlassen hat als auch das FA diesen Fehler im Rahmen der Veranlagungsarbeiten nicht bemerkt hat.
Weder ist der Gesetzesbegründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (BT-Drucks. 16/4841, S. 53) eine ausdrückliche Aussage dahingehend zu entnehmen, dass § 7g Abs. 3 EStG 2008 ausschließlich in den dort aufgeführten Fallgestaltungen anwendbar sein soll, noch lässt sich den Gesetzesmaterialien auch sonst ein Anhaltspunkt für einen Beschränkungswillen des Gesetzgebers entnehmen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber in Fällen, in denen die Nichtauflösung auf einer fehlerhaften Erklärung des Steuerpflichtigen beruht, dem Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen in den aufgrund seiner fehlerhaften Erklärung ergehenden Steuerbescheid entgegen dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung einen höheren Stellenwert hätte einräumen wollen als dem Interesse an einer gleichmäßigen und gesetzmäßigen Steuerfestsetzung.
3. Der entsprechende Gewerbesteuermessbescheid kann innerhalb der Zwei-Jahres-Frist des § 171 Abs. 10 AO geändert werden. Nach § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG ist u.a. ein Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid geändert wird und die Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt. § 35b Abs. 1 Satz 3 GewStG ordnet die sinngemäße Anwendung der Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 AO an.
4. Dieses Urteil ist zwar zu § 7g EStG 2008 ergangen; seine Aussagen haben aber auch für die aktuelle Regelung des § 7g Abs. 3 EStG Gültigkeit.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.12.2019 – X R 11/19