Leitsatz

Eine Auflassungsvormerkung steht der Rückgängigmachung eines Kaufvertrags dann nicht mehr entgegen, wenn dem Veräußerer bereits eine Löschungsbewilligung erteilt ist und er von dieser frei und unbeeinflusst durch den Ersterwerber Gebrauch machen kann.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte 2003 ein Grundstück käuflich erworben und sich eine Auflassungsvormerkung eintragen lassen. Nach bestandskräftiger Festsetzung der GrESt trat die Verkäuferin wegen Nichtzahlung des Kaufpreises vom Vertrag zurück. Die Klägerin beantragte die Aufhebung des Steuerbescheids gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG und legte die Kopie einer notariell beglaubigten Erklärung vom November 2003 vor, in der sie die Löschung der Vormerkung bewilligte und die Verkäuferin die Löschung beantragte. Diese Erklärung soll sich in den Händen der Verkäuferin befunden haben.

FA und FG (FG Köln, Urteil vom 30.08.2006, 5 K 4868/05, Haufe-Index 1621740, EFG 2006, 1928) gingen letzterer Behauptung nicht nach, da allein der Fortbestand der Auflassungsvormerkung ausreiche, eine Rückgängigmachung des Kaufvertrags zu verneinen. Die Vormerkung ist tatsächlich erst im Zug einer Wiederveräußerung des Grundstücks und aufgrund einer dabei erteilten – nach dem Vortrag der Klägerin zweiten – Löschungsbewilligung gelöscht worden.

 

Entscheidung

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Es sei aufzuklären, ob die Verkäuferin tatsächlich im Besitz der Erklärung vom November 2003 gewesen ist und von ihr frei und unbeeinflusst durch die Klägerin bzw. durch mit dieser verbundene Personen hätte Gebrauch machen können. Dabei soll zu würdigen sein, dass die Vormerkung nicht aufgrund der Löschungsbewilligung vom November 2003 gelöscht worden ist. Die zweite Löschungsbewilligung sei nicht geeignet, eine vollständige Rückgängigmachung zu bewirken, da sie zeitgleich mit der Wiederveräußerung in derselben Urkunde erteilt worden sei.

 

Hinweis

1. Ein Erwerbsvorgang ist solange nicht i.S.d. § 16 Abs. 1 GrEStG rückgängig gemacht, wie dem Erwerber noch eine Rechtsposition aus dem ursprünglichen Erwerbsgeschäft verblieben ist. Das Fortbestehen einer zugunsten des Erwerbers eingetragenen Auflassungsvormerkung stellt regelmäßig eine derartige Rechtsposition dar, und zwar ungeachtet dessen, dass der Verkäufer nach Aufhebung oder Wegfall des den Übereignungsanspruch begründenden Rechtsgeschäfts einen Anspruch gegen den Erwerber auf Erteilung einer Löschungsbewilligung hat. Begründet ist dies darin, dass die Auflassungsvormerkung unabhängig vom Fortbestand des gesicherten Übereignungsanspruchs die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks beeinträchtigt.

2. Dieser Gesichtspunkt entfällt aber in dem Augenblick, ab dem der Verkäufer eine Löschungsbewilligung in Händen hält, von der er jederzeit Gebrauch machen kann und im Verhältnis zum Erwerber auch darf. Außerdem darf die Erwerberseite – darauf wird insbesondere bei Erwerbsvorgängen zwischen Gesellschaften zu achten sein – keinen Einfluss auf die Entscheidung der Veräußererseite darüber haben, ob die Löschung beantragt werden soll oder nicht.

3. Im Fall einer bereits erfolgten Wiederveräußerung des Grundstücks schließt eine dem Erwerber verbliebene Rechtsposition für sich allein den Wegfall der GrESt auf den Ersterwerb noch nicht aus. Es muss hinzukommen, dass der Ersterwerber von dieser Rechtsposition auch Gebrauch gemacht hat, und zwar im eigenen Interesse oder im Interesse mit ihm verbundener Personen oder Gesellschaften.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.07.2008, II R 36/07

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