Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Umsatzsteuer kann immer nur dann entstehen, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt im Inland eine Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) ausführt. Eine Leistung setzt ein wirtschaftliches Handeln voraus, dem Vertragspartner/Leistungsempfänger muss ein grundsätzlich verbrauchbarer Vorteil zugewendet werden. Die Leistung muss dabei erkennbar um einer Gegenleistung willen erbracht werden.
In bestimmten Fällen kann eine schon ausgeführte Leistung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung wieder rückabgewickelt werden; systematisch wird dies über eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG umgesetzt.
Rückgängigmachung setzt Rückgabe der Leistung voraus
Eine Leistung kann nur dann nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht werden, wenn die Leistung auch tatsächlich wieder rückgängig gemacht werden kann. Sonstige Leistungen, die als reine Dienstleistungen mit der Erbringung schon als solche wirtschaftlich verbraucht sind, können nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht werden.
Ein besonderer Fall der Rückgängigmachung ist der Umtausch. Bei einem Umtausch wird ein ursprünglich ausgeführter Umsatz rückgängig gemacht (rückabgewickelt) und es wird ein neuer Umsatz – beurteilt nach den zu diesem Zeitpunkt gültigen umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen – ausgeführt. Dies ist insbesondere dann von materieller Bedeutung, wenn die Vorgänge unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen.
Aber auch die Abgrenzung von der Rückgabe eines Gegenstands (zur Rückgängigmachung einer Lieferung) zu einer Rücklieferung (also einem neuen Steuertatbestand) ist häufig mit Schwierigkeiten verbunden, da in der Praxis dazu immer Detailkenntnisse über den Ablauf eines Umsatzgeschäfts vorliegen müssen. Dabei sind die Unterschiede gravierend: Während die Rückgängigmachung einer Lieferung den ursprünglichen Leistungsaustausch aufhebt und sowohl zu einer Rückzahlung der geschuldeten Umsatzsteuer als auch zu einer Korrektur des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers führt, verbleibt es bei einer Rücklieferung bei den ursprünglichen Rechtsfolgen, es wird aber noch ein neuer Steuertatbestand begründet.
Abgrenzung von Rückgabe und Rücklieferung
Bei einer Rücklieferung wird ein neuer Steuertatbestand geschaffen, während bei der Rückgabe ein bisheriges Rechtsgeschäft rückabgewickelt wird. Ob es sich um eine Rücklieferung oder eine Rückgabe handelt, ist aus der Sicht des ursprünglichen Leistungsempfängers zu beurteilen. Dabei sind die Motive des Leistungsempfängers entscheidend für die Einordnung als Rücklieferung oder Rückgabe.
Abhängig vom Ablauf und dem Auftreten der Beteiligten bei Rechtsgeschäften ist auch zu prüfen, ob – und wenn ja, wann – ein Leistungsaustausch begründet wird. Typisches Beispiel ist die Lieferkommission, bei der im Rahmen einer gesetzlichen Fiktion zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung fingiert wird, obwohl zivilrechtlich lediglich eine Besorgungsleistung (Dienstleistung) vorliegt.
Voraussetzung des Kommissionsgeschäfts
Ein Kommissionsgeschäft liegt vor, wenn ein eingeschalteter Unternehmer in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung (die des Kommittenten) tätig wird. Der Kommissionär tritt gegenüber dem Leistungsempfänger (bei der Verkaufskommission) so auf, als wenn er ihm die Verfügungsmacht an dem Gegenstand verschaffen würde, das wirtschaftliche Ergebnis trifft aber den Kommittenten. Ein Kommissionsgeschäft mit seinen Rechtsfolgen ist nicht davon abhängig, dass die Beteiligten einen "Kommissionsvertrag" abschließen, sich als Kommissionär oder Kommittent bezeichnen oder das Kommissionsgeschäft als solches erkennen. Ein Kommissionsgeschäft liegt immer dann vor, wenn ein in eine Lieferung eingeschalteter Unternehmer in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung tätig wird. Dies gilt analog auch für die Leistungskommission, bei der ein Unternehmer im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung in die Ausführung einer sonstigen Leistung eingebunden ist.