Leitsatz
Der Kläger war geschäftsführender Gesellschafter (→ Gesellschafter-Geschäftsführer ) der P-GmbH. Er erhielt unstreitig in den Jahren 1985 bis 1988 von der P-GmbH Vorteile, die als vGA i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu qualifizieren sind. Nach dem Gesellschaftsvertrag der P-GmbH hatte diese einen Anspruch auf Rückgewähr der vGA oder wertmäßigen Ersatz. Der Rückgewähranspruch war angemessen zu verzinsen. Der Kläger begehrte, die im Streitjahr 1991 an die P-GmbH gezahlten Zinsen aus den vGA als → Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Die Klage blieb erfolglos. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Der Senat geht in Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem FG davon aus, dass die Zuwendungen der P-GmbH an den Kläger die Voraussetzungen der vGA i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfüllten und diese mithin auch nicht durch die Rückgewähr- und Wertersatzpflicht ausgeschlossen wurden. Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des I. Senats des BFH.
Nach ständiger Rechtsprechung des I. Senats des BFH hat der Anspruch auf Rückgewähr einer vGA aus der Sicht der Kapitalgesellschaft den Charakter einer Einlageforderung. Für die hier zu beurteilende Satzungsklausel schließt sich der erkennende Senat dieser Auffassung an mit der Folge, dass auch beim Kläger die Rückgewähr der erhaltenen Vorteile (vGA) als Einlage zu qualifizieren ist und demgemäß zu nachträglichen → Anschaffungskosten seiner Beteiligung an der P-GmbH führt.
Schuldet der Gesellschafter für die Zeit zwischen Vorteilsgewährung und Rückgewähr (angemessene) Zinsen, stehen diese in einem Veranlassungszusammenhang zu den aus der → Beteiligung an der Kapitalgesellschaft erzielten Einnahmen. Die Schuldzinsen sind durch die Verpflichtung zu einer Einlageleistung veranlasst, die – gleich dem Fall der Teilnahme an einer Kapitalerhöhung – mit dem Ansatz nachträglicher Anschaffungskosten für die Beteiligung des Klägers an der P-GmbH verbunden ist. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass im Falle der Gewährung eines Darlehens der steuerrechtliche Zurechnungszusammenhang nach dem tatsächlichen Verwendungszweck der kreditierten Mittel zu bestimmen ist. Insbesondere kann hieraus nicht abgeleitet werden, dass die vom Kläger geschuldeten Zinsen nur entsprechend der Verwendung der aus den vGA erlangten Vorteile als Werbungskosten oder → Betriebsausgaben Berücksichtigung finden. Die Erwägung verkennt, dass der Empfänger von vGA diese als Einnahmen zu versteuern hat und sie ihm deshalb – bei der gebotenen wertenden Betrachtung – „wie eigene Mittel” zur Verfügung stehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.05.1999, VIII R 59/97
Hinweise:
1. Der VIII. Senat folgt der Rechtsprechung des I. Senats, nach der der Rückgewähranspruch hinsichtlich vGA aufgrund einer Satzungsklausel die Qualifizierung dieses Vorgangs als vGA nicht ausschließt. Der I. Senat hat dies in ständiger Rechtsprechung für den Bereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Ebene der Kapitalgesellschaft) entschieden (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 29. 5. 1996, I R 118/93, BStBl 1997 II S. 92). Der VIII. Senat beurteilt das nunmehr für den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genauso.
2. Der VIII. Senat stimmt dem I. Senat des BFH auch darin zu, dass der Anspruch auf Rückgewähr von vGA eine Einlageforderung darstellt (aus der Sicht der Kapitalgesellschaft). Würde man auf der Ebene des Gesellschafters davon abweichend die Rückgewähr einer vGA nicht als Einlage, sondern als negative Einnahme oder Werbungskosten des Gesellschafters bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen qualifizieren, käme es bei einer nicht i. S. d. § 17 EStG wesentlichen, im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung beim Gesellschafter zu einer schwerlich akzeptablen Besteuerungslücke: Der Gesellschafter könnte die durch die vGA verursachte Kapitaleinnahme durch deren Rückgewähr „neutralisieren”, und anschließend könnte die Gesellschaft den entsprechenden Betrag durch eine steuerfreie EK 04-Ausschüttung wieder an den Gesellschafter auskehren.
3. Aufgrund der Satzungsklausel war die vGA mit einem sofort fälligen Rückgewähranspruch der Gesellschaft verbunden. Wie ausgeführt, ist dieser Rückgewähranspruch als Einlageforderung zu qualifizieren. Zinsen für rückständige Einlageforderungen stellen Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) des Gesellschafters bei seinen Einkünften aus der Beteiligung dar.