Leitsatz
1. Eine Rückstellung für die Kosten der 10‐jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft setzt eine öffentlich-rechtliche oder eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Aufbewahrung dieser Daten voraus. Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung folgt weder aus § 66 Abs. 1 StBerG noch aus einer eigenständigen öffentlich-rechtlichen Aufbewahrungsverpflichtung des Mandanten bei tatsächlicher Aufbewahrung durch den Berater. Eine zivilrechtliche Verpflichtung für die Dauer der Mandatsbindung reicht nicht aus.
2. Eine Rückstellung für die Kosten der 10‐jährigen Aufbewahrung von Handakten im DATEV-Rechenzentrum kann wegen der Abwendungsmöglichkeit (§ 66 Abs. 1 Satz 2 StBerG) nicht allgemein mit einer Aufbewahrungsverpflichtung aus § 66 Abs. 1 Satz 1 StBerG begründet werden.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 7 Satz 1 GewStG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 249 Abs. 1, § 257 HGB, § 147 AO, § 66 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 StBerG
Sachverhalt
Eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH bildete in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2010 u.a. eine Rückstellung für die 10jährige Aufbewahrung der Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum. Die zu zahlenden Beträge seien mit den Mandantenhonoraren für die laufende Buchführung bzw. für die Erstellung des Jahresabschlusses abgegolten und könnten nach der StBVV nicht gesondert berechnet werden. Bei der Ermittlung des Rückstellungsbetrags berücksichtigte sie Abschläge für Mandanten, die ihre Daten auf einer Speicher-DVD sichern ließen, und darüber hinaus für Mandatsbeendigungen innerhalb des 10jährigen Aufbewahrungszeitraums.
FA und FG (Thüringer FG, Urteil vom 1.12.2016, 1 K 533/15, Haufe-Index 11348739, EFG 2018, 28) erkannten die Rückstellung nicht an.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der GmbH als unbegründet zurück.
Hinweis
Vom BFH zu beurteilen war, ob Angehörige steuerberatender Berufe eine Rückstellung für die Kosten der 10jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum bilden dürfen.
1. Ausgangspunkt der Beurteilung ist, da KStG, GewStG und EStG auf das HGB verweisen, § 249 Abs. 1 HGB: Es müsste eine ungewisse Verbindlichkeit bestehen.
a) Dies setzt entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus, deren Höhe zudem ungewiss sein kann.
b) Beruhen die Verbindlichkeiten auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften, bedarf es außerdem der Konkretisierung in dem Sinne, dass sie inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt sind.
2. Diese Voraussetzungen hat der BFH verneint.
a) Die Daten sind nicht Teil der nach § 66 Abs. 1 StBerG aufzubewahrenden Handakten i.S.d. § 66 Abs. 3 StBerG. Soweit sie es doch sein sollten, entstünde diese Verbindlichkeit erst bei Mandatsende. Auf Aufbewahrungspflichten der Mandanten (z.B. § 257 HGB oder § 147 AO) kann sich der Berater insoweit nicht berufen.
b) Eine vertragliche Verpflichtung aus dem Mandatsvertrag bestand im Streitfall nicht. Soweit eine Gegenleistung des Mandanten für die Aufbewahrung im Fortbestand des Mandats liegen sollte, ist der BFH von einem schwebenden Geschäft ausgegangen und hat einen Erfüllungsrückstand verneint.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.2.2019 – XI R 42/17