Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Ein Elektronikhändler darf für die Entsorgung von Energiesparlampen eine Rückstellung bilden, soweit eine Entsorgungspflicht nach dem Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) besteht und soweit die in den Verkehr gebrachten Leuchtmittel der Stiftung "ear" gemeldet wurden.
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt einen Großhandel mit Geräten der Unterhaltungselektronik. Sie ist bei der Stiftung "ear" als Hersteller i. S. d ElektroG registriert. Die Klägerin bildete eine Rückstellung für Entsorgungskosten von Energiesparlampen.
Nach Auffassung der Betriebsprüfung war die Rückstellung steuerlich nicht zu berücksichtigen. Nach Auskunft der Stiftung "ear" war die letzte Abholanordnung für Energiespar-Leuchtmittel in 2007 ergangen. Damit fehle es für den Streitzeitraum 2007-2009 an der hinreichenden Konkretisierung der Verpflichtung zur Entsorgung der Leuchtmittel, da noch keine behördliche Anordnung vorliege
Entscheidung
Die Bildung einer Rückstellung ist für die nach dem 13.08.2005 in den Verkehr gebrachten und der Stiftung "ear" gemeldeten Leuchtmitteln zulässig.
Eine Entsorgungsverpflichtung nach dem ElektroG entsteht für veräußerte Leuchtmittel grundsätzlich mit dem in den Verkehr bringen als abstrakte, potentielle Pflicht. Konkretisiert im Sinne einer im Außenverhältnis wahrgenommenen und zu erfüllenden sanktionsbewehrten Verpflichtung wird diese durch die Meldung der in den Verkehr gebrachten Mengen an die Stiftung "ear". Diese bestimmt dann nur noch, wann der jeweilige Hersteller seine bestehende Verpflichtung durch die tatsächliche Abholung von zu entsorgenden Leuchtmitteln an einer konkreten Sammelstelle zu erfüllen hat. Hierauf kommt es für die Frage, ob eine Verpflichtung vorliegt, nicht an.
Das Umlageverfahren knüpft zwar an die Zahl der aktuell in den Verkehr gebrachten Geräte und nicht an die in der Vergangenheit in den Verkehr gebrachten Geräte an. Der für die Rückstellungsbildung notwendige Vergangenheitsbezug ist jedoch gegeben, da dies nur eine Berechnungsmethode zur Höhe der durch den Verkauf in der Vergangenheit ausgelösten Verpflichtung ist. Berechnet wird die Höhe der Entsorgungsverpflichtung für in der Zeit ab dem 13.08.2005 in Verkehr gebrachte Geräte, die nunmehr zu entsorgen sind.
Die Bildung einer Rückstellung für Leuchtmittel, die vor dem 13.08.2005 in den Verkehr gebracht wurden, ist nicht zulässig. Insoweit fehlt es an dem Vergangenheitsbezug der Entsorgungsverpflichtung im Sinne der Voraussetzungen für die Rückstellungsbildung.
Hinweis
Neben der entschiedenen materiell-rechtlichen Frage ging es auch noch um die formal-rechtliche Fragestellung, ob eine Änderung einer Rückstellung der Höhe nach erfolgen darf. Dieses hat das Finanzgericht in Fällen bejaht, in denen die Position "Sonstige Rückstellungen" nicht gesondert aufgegliedert ist. Stellt sich nachträglich heraus, dass hierunter auch neu gebildete Rückstellungen sind, die der Höhe nach unzutreffend gebildet wurden, können die betreffenden Steuerbescheide wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 18.08.2015, 10 K 3410/13 K,G