5.1 Angaben zu den Rückstellungen
Rückstellungen sind gemäß IAS 37.85 im Anhang zu beschreiben
- nach ihrer Art,
- dem erwarteten Belastungszeitpunkt und
- eventuell erwarteten Erstattungsbeträgen.
Dabei dürfen solche Rückstellungen zu einer Kategorie zusammengefasst werden, deren Wesen hinreichend ähnlich ist.
Tipp
Konkret bedeutet die Möglichkeit der Zusammenfassung z. B.: Nicht für jede Produktgruppe ist eine eigene Gewährleistungsrückstellung zu bilden und zu erläutern. Ein zusammengefasster Posten Garantierückstellung reicht aus. In diesen Posten dürfen andererseits solche auf Produktfehler zurückgehende Verbindlichkeiten nicht einbezogen werden, die z. B. im Rahmen der Produkthaftung Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind.
Für jede Rückstellungskategorie sind außerdem die Buchwerte zu Beginn und Ende des Geschäftsjahres sowie die Bewegungen innerhalb des Geschäftsjahres anzugeben. Die hierzu in IAS 37.84 geforderten Angaben lassen sich zweckmäßigerweise in einem Rückstellungsspiegel zusammenfassen, der für jede Rückstellungskategorie Folgendes beinhaltet:
|
Buchwert 1.1. |
+ |
Zuführung |
– |
Inanspruchnahme |
– |
Auflösung |
+ |
Wertänderung aus Aufzinsung/Abzinsung |
= |
Buchwert 31.12. |
Folgende Darstellungsform ist zweckmäßig:
Art der Rückführung |
BW 1.1. |
Zuführung |
Zinseffekt |
Inanspruchnahme |
Auflösung |
BW 31.12. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Summe |
|
|
|
|
|
|
Tab. 1: Rückstellungsspiegel
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Inanspruchnahme und Auflösung. Die Inanspruchnahme zeigt die verwendeten, d. h. die tatsächlich entstandenen bzw. gezahlten und gegen die Rückstellung verrechneten Beträge. Die Auflösung zeigt die nicht verwendeten, mindestens in rückwirkender Betrachtung überhöhten Rückstellungsbeträge.
Beispiel
Die World Wide AG hat seit Ende 00 einen neuen Vorstand, der die Bilanz 00 in Ausnutzung sämtlicher Ermessensspielräume umfangreich mit Rückstellungen belastet und dadurch das Ergebnis 00 auf 100 Mio. EUR reduziert. U. a. hat er noch im Dezember 00 die Entlassung sämtlicher Leiter der Übersee-Niederlassungen verkündet und hierfür eine Abfindungsrückstellung von 50 Mio. EUR gebildet. Weiterhin hat er die Garantierückstellungen (durchschnittliche Garantielaufzeit ein Jahr) neu kalkuliert und deshalb von 15 auf 20 Mio. EUR erhöht. Schließlich hat er für einen Ende 02 endenden Pachtvertrag eine bisher nicht berücksichtigte Altlastenbeseitigungspflicht von 12,1 Mio. EUR (Barwert bei Zins von 10 %: 10 Mio. EUR) bilanziert.
In 01 scheiden diverse Country-Manager gegen 24 Mio. EUR Abfindung (davon 12 Mio. EUR Europa) aus. Mit weiteren Abfindungen ist nicht zu rechnen. In 01 kommt es zu Garantiekosten von 13 Mio. EUR. Die Garantierückstellung wird wieder von 20 auf 15 Mio. EUR zurückgeführt. Der Jahresüberschuss hat sich von 00 nach 01 verdoppelt, wofür der Vorstand eine ordentliche Sondervergütung erhält.
Der IFRS-Rückstellungsspiegel 01 ist wie folgt (in Mio. EUR):
Art |
BW 1.1. |
Zuführung |
Zins |
Inanspruchnahme |
Auflösung |
BW 31.12. |
Abfindung Übersee |
50 |
|
|
12 |
38 |
0 |
Garantie |
20 |
15 |
|
13 |
7 |
15 |
Altlasten |
10 |
|
1 |
|
|
11 |
Summe |
80 |
15 |
1 |
25 |
45 |
26 |
Die Rückstellung Übersee darf nicht für Europa verwendet werden, ihre Auflösung beträgt daher 38 Mio. EUR und nicht 26 Mio. EUR. Die Auflösungsspalte ist insgesamt aufschlussreich für den Bilanzleser: bei angemessener Rückstellungsdotierung wären die Ergebnisse 00 bzw. 01 mit 145 Mio. EUR bzw. 155 Mio. EUR um 45 Mio. EUR höher bzw. niedriger ausgefallen. Aus der Verdopplung des Jahresüberschusses und der schönen Sondervergütung für den Vorstand wäre nichts geworden.
Umfangreiche Sondervorschriften bestehen für die Angaben zu den Pensionsverpflichtungen. U. a. sind gemäß IAS 19.135 ff. offenzulegen:
- die Zusammensetzung der Nettoschuld nach Pensionsverpflichtung und Planvermögen,
- die Zusammensetzung des Pensionsaufwands nach Zinsen, Dienstzeitaufwand usw.,
- die Höhe der versicherungsmathematischen Gewinne oder Verluste.
5.2 Angaben zu Eventualverpflichtungen und Ereignissen nach dem Bilanzstichtag
Nach § 251 HGB sind bestimmte vertragliche Haftungsverhältnisse (z. B. aus Bürgschaften), sofern sie nicht zu passivieren sind, unter der Bilanz anzugeben. Auf die Unwahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme kommt es nicht an. In die Angabe zum Wechselobligo sind deshalb bspw. auch weitergegebene Wechsel aufzunehmen, deren Schuldner die öffentliche Hand ist.
Der Eventualverpflichtungsbegriff nach IAS 37 ist demgegenüber zugleich enger und weiter gefasst. Die Eventualverpflichtung nach IFRS ist
- enger gefasst, insofern die Verpflichtung nicht ganz unwahrscheinlich (remote) sein darf,
- weiter gefasst, insofern nicht nur Haftung aus Bürgschaften, Wechseln, Garantieverträgen und Sicherheitsbestellungen, sondern jede Art möglicher Inanspruchnahme, z. B. auch aus unerlaubter Handlung, angabepflichtig ist.
Zu erläutern sind damit alle Verpflichtungen, die einerseits nicht überwiegend wahrscheinlich sind, d. h. unter der Rückstellungsschwelle verbleiben, andererseits nicht als ganz unwahrscheinlich (remote) beurteilt werden. Die Erläuterung besteht nach IAS 37.86 mindestens in einer kurzen Beschreibung der Eventualschul...