Dipl.-Finanzwirt (FH) Nikolaus Zöllner
3.1 Handelsrechtliche Vorschriften
Rückstellungen sind in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Bei der Rückstellungsbewertung sind in der Handelsbilanz somit auch künftige Preis- und Kostensteigerungen zwingend zu berücksichtigen.
Darüber hinaus sind langfristige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre abzuzinsen. Die anzuwendenden Abzinsungssätze werden von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich auf www.bundesbank.de bekannt gegeben. Erträge aus der Abzinsung von Rückstellungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung separat unter dem Posten "Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge" auszuweisen; Aufwendungen unter dem Posten "Zinsen und ähnliche Aufwendungen".
Kurzfristige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr sind hingegen von diesem Abzinsungsgebot nicht erfasst. Diese sind in voller Höhe mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen.
Abzinsung für Rückstellungen für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ab dem 2. Jahr
Da die Pflichten zur Aufstellung, Prüfung und Offenlegung von Abschlüssen und Lageberichten innerhalb eines Jahres nach dem Abschlussstichtag zu erfüllen sind, ist für derartige Rückstellungen keine Abzinsung vorzunehmen. Bei einer Rückstellung von Geschäftsunterlagen ergibt sich hingegen eine Abzinsungspflicht für die Ausgaben, die nach Ablauf des dem Abschlussstichtag folgenden Geschäftsjahres anfallen; es ist daher eine Abzinsung ab dem 2. Jahr durchzuführen.
3.2 Steuerrechtliche Vorschriften
Bei der steuerlichen Bewertung von Rückstellungen sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend; künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen somit im Gegensatz zum handelsrechtlichen Ansatz nicht berücksichtigt werden. Des Weiteren sieht das Steuerrecht grundsätzlich für Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als 12 Monaten einen eigenen – unveränderlichen – Abzinsungssatz i. H. v. 5,5 % vor.
Höchstansatz der steuerlichen Rückstellung
Die Höhe der Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in der Steuerbilanz ist nach oben begrenzt; sie darf den zulässigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten. Diese in den Einkommensteuerrichtlinien verankerte Sonder-Ansatzvorschrift wurde vom Bundesfinanzhof bestätigt.
Durch die unterschiedlichen Bewertungsansätze von Rückstellungen in Handels- und Steuerrecht (Preis- und Kostensteigerungen, Abzinsungssätze) kommt es zwingend zu einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz.
Keine Abzinsung der steuerlichen Rückstellung
Obwohl die Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen eine Laufzeit von mehr als 12 Monaten hat, ist in der Steuerbilanz im Gegensatz zur Handelsbilanz eine Abzinsung nicht zulässig, da es gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG für die Abzinsung von Sachleistungsverpflichtungen nicht auf das Ende der Laufzeit, sondern auf den Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung ankommt. Die Aufbewahrungsverpflichtung ist jedoch bereits mit Entstehung der Unterlagen zu erfüllen, was dazu führt, dass kein Abzinsungszeitraum existiert.
3.3 Einzubeziehende Kosten
Bei der Bildung einer Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen sind grundsätzlich alle Aufwendungen anzusetzen, die durch die Erfüllung der Verpflichtung entstehen. Dazu gehören die voraussichtlich anfallenden internen (z. B. Personalaufwand) und externen (z. B. Beauftragung eines Dienstleisters) Kosten. Bei den einzubeziehenden Kosten bestehen zwischen Handels- und Steuerbilanz grundsätzlich keine Abweichungen, sodass folgende (anteiligen) Aufwendungen in die Rückstellungsberechnung einbezogen werden können. Unterstellt wird hierbei, dass die aufzubewahrenden Unterlagen in einem separaten Raum (Archiv, Abstellraum o. Ä.) gelagert werden.
Handelsbilanz: Vollkosten – Steuerbilanz: Einzelkosten plus angemessene Gemeinkosten
In der Handelsbilanz ist die Rückstellung gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag anzusetzen. Aus handelsrechtlicher Sicht handelt es sich um eine Sachleistungsverpflichtung, die zu Vollkosten zu bewerten ist. Steuerrechtlich handelt es sich nach Auffassung des BFH allerdings um eine Sachleistungsverpflichtung, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG nur mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten ist. Es kann somit zu einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz kommen.
3.3.1 Gebäudekosten
Gemietete Räumlichke...