[Ohne Titel]

RA StB Georg von Streit / RA FAStR Dr. Thomas Streit, LL.M. Eur.[*]

[*] RA StB Georg von Streit ist in Bonn tätig, RA FAStR Dr. Thomas Streit, LL.M. Eur. ist Partner bei der KMLZ Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München/Düsseldorf.

I. Steuerschuld und Korrekturmöglichkeit – Unionsrecht und § 14c UStG

1. Korrektur ist zwingend

Steuerschuld aufgrund Steuerausweises in der Rechnung immer korrigierbar: Gemäß Art. 203 MwStSystRL, § 14c UStG schuldet jede Person, die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, diese Steuer. Auch wenn Art. 203 MwStSystRL, anders als § 14c UStG explizit keine Möglichkeit vorsieht, diese Steuerschuld zu beseitigen, hat der EuGH klargestellt, dass jede Art von gem. Art. 203 MwStSystRL geschuldeter Steuer korrigiert werden können muss.[1] Dies insbesondere dann, wenn der Aussteller der Rechnung die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt habe. Sei letzteres nicht der Fall, könne die Korrektur davon abhängig gemacht werden, dass der Aussteller der Rechnung seinen guten Glauben nachweise.[2]

Kein Ermessen der Finanzverwaltung: Das Verfahren, in dem zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann, müsse von den Mitgliedstaaten festgelegt werden.[3] Die Berichtigung dürfe aber nicht im Ermessen der Finanzverwaltung stehen.[4]

[1] Vgl. EuGH v. 19.9.2000 – C-454/98 – Schmeink & Cofreth AG & Co. KG, UR 2000, 470; EuGH v. 13.12.1989 – C-342/87 – Genius Holding, UR 1991, 83 Rz. 18.
[2] Vgl. EuGH v. 19.9.2000 – C-454/98 – Schmeink & Cofreth AG & Co. KG, UR 2000, 470 Rz. 58 ff.; EuGH v. 6.11.2003 – C-78/02, C-80/02 – Karageorgou u.a., UR 2003, 595 Rz. 50.
[3] Vgl. EuGH v. 19.9.2000 – C-454/98 – Schmeink & Cofreth AG & Co. KG, UR 2000, 470 Rz. 49; EuGH v. 6.11.2003 – C-78/02, C-80/02 – Karageorgou u.a., UR 2003, 595 Rz. 50. S. auch EuGH v. 18.6.2009 – C-566/07 – Stadeco, UR 2009, 647 Rz. 35; EuGH v. 11.4.2013 – C-138/12 – Rusedespred OOD, UR 2013, 432 Rz. 25.
[4] Vgl. EuGH v. 19.9.2000 – C-454/98 – Schmeink & Cofreth AG & Co. KG, UR 2000, 470 Rz. 64 ff.

2. "Verfahren" des § 14c Abs. 1 UStG

Rudimentäre Regelung des Verfahrens: § 14c Abs. 1 UStG, der typischerweise die Situationen erfasst, in denen sich ein Unternehmer über die Steuerpflicht seines Umsatzes, den Steuersatz oder über den Steuerschuldner geirrt hat, regelt in seinem Satz 2 die Berichtigung relativ dünn, indem er feststellt, dass § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden sei, wenn der Leistende den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtige.

"Rechnungskorrektur" ...: Wie die Korrektur des Steuerbetrages konkret auszusehen hat, wird nicht gesagt. Da sie aber "gegenüber dem Leistungsempfänger" zu erfolgen hat, besteht sie im Allgemeinen in einer Korrektur der Rechnung. Diese Korrektur muss zwar nicht die Voraussetzungen des § 31 Abs. 5 UStDV erfüllen,[5] in der Praxis dürften aber die meisten Steuerbetragskorrekturen den Vorgaben des § 31 Abs. 5 UStDV folgen, z.B. Stornierung der Erstrechnung und Ausstellung einer zweiten Rechnung ohne gesondert ausgewiesene Mehrwertsteuer.[6]

... erforderlich? Dazu, dass eine Korrektur des Steuerbetrages auch ohne Rechnungsberichtigung möglich ist, s. unten III.7.d.

[5] Zur Auslegung vgl. z.B. BFH v. 12.10.2016 – XI R 43/14, UR 2017, 237 Rz. 24 ff. S. auch Grambeck, NWB 2017, 2174 (2176).

3. Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens

Die Berichtigung des Steuerbetrags beim Leistenden wird in den Fällen des § 14c Abs. 1 UStG unabhängig davon wirksam, ob der Leistungsempfänger einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat oder nicht und, falls ja, ob dieser Vorsteuerabzug rückgängig gemacht worden ist. Es ist also ohne Bedeutung, ob ein tatsächlich eingetretener Schaden für das Steueraufkommen tatsächlich beseitigt worden ist oder nicht.[7] Zwar fordert der EuGH, dass der Rechnungsaussteller die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt haben muss. Die "bloße" Korrektur des Steuerbetrags in der Rechnung ist aber aus seiner Sicht ausreichend. Berichtigte Rechnungen zeigen nämlich seiner Meinung nach an, dass diese Steuer nicht geschuldet wird und der Leistungsempfänger folglich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Mit einer solchen Bedingung könnten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist.[8]

[7] Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Korrektur nach § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG.
[8] Vgl. EuGH v. 18.6.2009 – C-566/07 – Stadeco, UR 2009, 647 Rz. 42; BFH v. 13.12.2018 – V R 4/18, UR 2019, 303 Rz. 19. Die Anforderung der Rechnungskorrektur darf allerdings nicht den Grundsätzen der Neutralität und Effektivität widersprechen; vgl. EuGH v. 11.4.2013 – C-138/12 – Rusedespred, UR 2013, 432, Rz. 30. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze bzw. den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt auch in Betracht, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens per se von Anfang an ausgeschlossen war; vgl. hierzu unten III.7.d.

4. Rückzahlungserfordernis

Rspr. und Finanzverwaltung: Diskutiert wird, ob und ggf. wann und in welcher Höhe der Leistende für eine wirksame Korrektur den Steuerbetrag an den Leistungsempfänger zurückzahlen muss, wird diskutier...

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