Leitsatz
Die rückwirkende Anwendung des ErbStG i.d.F. des JStG 1997 auf Erwerbsvorgänge ab dem 1.1.1996 ist nicht verfassungswidrig.
Normenkette
§ 37 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 1997
Sachverhalt
Die 2003 verstorbene Erblasserin (E) war Alleinerbin ihres im Juli 1996 verstorbenen Ehemanns gewesen. In dessen Nachlass befanden sich Grundstücke. Die E hatte ihren Erwerb noch nicht versteuert, so dass das FA die darauf entfallende ErbSt erst gegen die Kläger als Erben der E festsetzte. Dabei legte es die Grundstückswerte gem. den §§ 138 ff. BewG zugrunde. Dagegen wandten sich die Kläger mit dem Begehren, statt der Grundstückswerte noch die Einheitswerte anzusetzen, da die Neuregelung der Grundstücksbewertung gem. § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. den §§ 138 ff. BewG im Juli 1996 noch nicht in Kraft gewesen und die angeordnete Rückwirkung verfassungswidrig sei.
Damit drangen sie jedoch weder beim FG noch beim BFH durch.
Entscheidung
Die Zulässigkeit der in § 37 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 1997 angeordneten Rückwirkung auf den 1.1.1996 ergibt sich bereits aus § 31 Abs. 1 BVerfGG i.V.m. dem Beschluss des BVerfG vom 22.6.1995, 2BvR 552/91 (BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671). Danach war die Anwendung des alten und vom BVerfG für verfassungswidrig gehaltenen Rechts auf Erwerbe bis zum 31.12.1995 beschränkt und der Gesetzgeber gehalten, spätestens bis zum 31.12.1996 eine Neuregelung zu treffen. Das bisherige Recht durfte für Erwerbe ab dem 1.1.1996 der Besteuerung nur noch vorläufig gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO zugrunde gelegt werden. Dies schloss die Möglichkeit ein, dass sich die Steuerbelastung für Erwerbsvorgänge des Jahrs 1996 nachträglich erhöhen konnte.
Hinweis
Die in § 37 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 1997 angeordnete Rückwirkung auf den 1.1.1996 stellt eine echte Rückwirkung dar, weil sie bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte betrifft. Derartige Rückwirkungen sind nicht ausnahmslos unzulässig, sondern dann hinzunehmen, wenn das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand des alten Rechts nicht schutzbedürftig ist. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige mit einer Neuregelung rechnen musste, weil das BVerfG das bisherige Recht für ungültig oder nicht mehr anwendbar erklärt hatte.
Hinsichtlich des § 37 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 1997 kommt noch die Anordnung des BVerfG hinzu, auf Erwerbe des Jahrs 1996 das alte Recht nur noch vorläufig anzuwenden und die endgültige Steuerfestsetzung nach dem neuen Recht vorzunehmen, für das dem Gesetzgeber ausdrücklich Zeit bis zum Jahresende 1996 eingeräumt worden war.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.10.2004, II R 74/00