Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung erbvertraglicher Verfügungen von Eheleuten.
Normenkette
BGB § 2270; ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 23.04.2014; Aktenzeichen 16 O 54/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 23.4.2014 - 16 O 54/14 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller hat unter dem 28.2.2014 einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Er beabsichtigt die Erhebung einer Klage, mit der er die Feststellung erreichen will, dass die Antragsgegnerin kraft des Testamentes der Eheleute E. St. W. und E. A. W. vom 20.5.2011 nicht Erbin des am 17.8.2011 verstorbenen E. St. W. geworden sei.
Der Antragsteller ist der Sohn des Erblassers. Dieser war in erster Ehe mit Frau U. W. geb. G. verheiratet. Sie war nicht die Mutter des Antragstellers (Bl. 16 d.A.). Die Eheleute hatten am 23.82001 ein handschriftliches Testament mit folgenden Anordnungen errichtet (Bl. 3 d.A.):
"Unser Testament.
Die unterzeichneten Eheleute E. W. und U. W. geb. G. setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Längerlebenden zum alleinigen und unbeschränkten Erben unseres gesamten Nachlasses ein, gleichviel ob Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind oder nicht.
Nach unserem Ableben sind erbberechtigt:
D. W. geb. am 20.6.1971 in Kattowitz O/S (Sohn von E. W.)
M.-A. [schwer lesbar] geb. am 2.1.1967 in Beuthen O/S (Sohn von U. W.)
Saarbrücken, den 23.8.2001
[Es folgen die Unterschriften beider Eheleute mit Geburtsdaten sowie die Bestätigung einer anwesenden Zeugin]
Im Oktober 2009 trennten sich die Eheleute. Der Erblasser stellte am 8.11.2010 einen Scheidungsantrag beim AG Saarbrücken (Az. 2 F 105/10 S; s. Bl. 22 d.A.). Seine damalige Ehefrau U. W. stimmte diesem - so das unwidersprochene Vorbringen des Antragstellers - nicht zu. Im März 2011 verstarb sie.
Der Erblasser heiratete die Antragsgegnerin. Mit ihr errichtete er am 20.5.2011 vor dem Notar Dr. E. K. in Saarbrücken ein gemeinschaftliches Testament. Unter § 1 des Testaments widerriefen beide ihre früher errichteten Verfügungen von Todes wegen. Sie trafen eine Rechtswahl hinsichtlich des deutschen Rechts - die Ehefrau besaß die deutsche und die polnische Staatsangehörigkeit, der Erblasser war ausschließlich deutscher Staatsangehöriger - und setzten sich gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben ein (Bl. 6 d.A.).
Mit dem dem Prozesskostenhilfeantrag beigefügten Klageentwurf macht der Antragsteller geltend, die Antragsgegnerin sei nicht Erbin worden. Er vertritt die Auffassung, das gemeinschaftliche Testament des Erblassers mit der ersten Ehefrau vom 23.8.2001 und seine, des Antragstellers, darin erfolgte Einsetzung als "(Mit-)Nacherbe" seien wirksam geblieben, insbesondere komme § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB mangels Zustimmung der Ehefrau zum Scheidungsantrag des Erblassers nicht zum Tragen. Der Erblasser habe seine ursprünglichen Verfügungen im späteren gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 2011 gem. § 2271 Abs. 2 BGB nicht widerrufen können (Bl. 12 d.A.).
Die Antragsgegnerin hat der beabsichtigten Klage die Erfolgsaussicht abgesprochen. Sie meint, mit der alleinigen und unbeschränkten Erbeneinsetzung in dem Testament aus dem Jahr 2001 sei die Annahme einer Bindungswirkung nicht vereinbar. Im Übrigen hält sie die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 BGB wegen des vom Erblasser gestellten Scheidungsantrags und des Vorliegens der Scheidungsvoraussetzungen für gegeben.
Vorgerichtlich hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller seinen Pflichtteil i.H.v. 10.795,08 EUR ausgezahlt (Bl. 24 d.A.).
Das LG Saarbrücken - Einzelrichter - hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23.4.2014 zurückgewiesen (Bl. 28 d.A.). Es hat die wirtschaftlichen Voraussetzungen mit der Begründung verneint, der Antragsteller habe den an ihn geflossenen Pflichtteilsbetrag für die Prozesskosten einzusetzen.
Der Antragsteller hat gegen den ihm am 1.5.2014 zugestellten Beschluss am 2.6.2014 - einem Montag - sofortige Beschwerde erhoben (Bl. 32 d.A.). Zur Begründung führt er aus, er sei schwer krank und bedürfe mehrerer, nicht in vollem Umfang von der Krankenkasse finanzierter Hilfsmittel. Seine chronische Erkrankung - eine pyramidal-zerebrale Tetraparese (s. die Übersetzung einer ärztlichen Bescheinigung vom 8.8.2012, Bl. 41 d.A.) - habe fortschreitenden Charakter und eine negative Prognose. Der Antragsteller ist der Ansicht, sein vermehrter Bedarf rechtfertige den Verzicht auf einen Einsatz der Pflichtteilszahlung. Konkrete Zahlen zu etwaigen besonderen Belastungen legt er nicht dar.
Die Antragsgegnerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 27.6.2014 im Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt. Es hat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller lediglich zu seiner Behinderung als solcher, nicht aber zu den dadurch bedingten monatlichen Kosten vorgetragen habe (Bl. 48 d.A.).
II. Die sofortige Beschwerde hat kein...