Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für ein in Ausbildung befindliches, auswärtig untergebrachtes Kind. Berücksichtigung von Unterkunftsaufwendungen. Zeitliche Begrenzung der unechten doppelten Haushaltsführung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es begegnet keinen ernstlichen Zweifeln, dass eine einkünftemindernde Berücksichtigung von Unterkunftsaufwendungen bei ledigen, in Berufsausbildung befindlichen Kindern schon deshalb ausscheidet, weil Mietkosten und Verpflegungsmehraufwand für die auswärtige Unterbringung eines Kindes typisierend bereits im Jahresgrenzbetrag i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enthalten sind. Anderenfalls würden diese Kosten sowohl über den Jahresgrenzbetrag bei den Eltern als auch beim Kind in betrieblicher Ausbildung über die Werbungskosten – und damit doppelt – abgegolten.
2. Die Grundsätze der sogenannten unechten doppelten Haushaltsführung sind nach mehr als zwei Jahren Ausbildung am selben Ort nicht mehr anwendbar.
Normenkette
EStG 2002 § 32 Abs. 4 S. 2, § 31 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, S. 1, § 70 Abs. 4, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 2
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 128 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die aufgrund einer betrieblichen Ausbildung entstandenen Unterkunftskosten eines auswärtig untergebrachten Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einkünftemindernd zu berücksichtigen sind.
Die am 27.09.1981 geborene Tochter der Antragstellerin C befand sich vom 01.08.2000 bis zum 31.07.2003 in einem Berufsausbildungsverhältnis zur Hotelfachfrau bei einem Kurhotel in B W. Im Zeitraum Januar bis Juli 2003 erhielt sie Ausbildungsvergütungen in Höhe von insgesamt 6.046,74 EUR. Im selben Zeitraum entstanden ihr am Ausbildungsort Miet- und Stromaufwendungen in Höhe von 2.211,46 EUR. Sie unternahm zwei Heimfahrten zur Antragstellerin bei einer einfachen Entfernung von 465 km; diese Entfernung habe Anlass gegeben, den Lebensmittelpunkt des Kindes C nach B W zu verlegen. C legte an 161 Tagen den Weg zwischen ihrer Wohnung in B W und ihrer Arbeitsstätte mit einer einfachen Entfernung von 4 km zurück und hatte Aufwendungen für sonstige Arbeitsmittel in Höhe von 277,36 EUR. Der Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag belief sich auf 1.233,48 EUR.
Mit Bescheid vom 25.08.2004 hob der Antragsgegner das Kindergeld für C ab Januar 2003 auf und forderte das für den Zeitraum Januar bis Juli 2003 bereits gezahlte Kindergeld zurück. Der anteilige Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 7 Einkommensteuergesetz – EStG – in Höhe von 4.193 EUR sei überschritten. Es könnten nur Werbungskosten in Höhe des anteiligen Werbungskostenpauschbetrages von 609 EUR berücksichtigt werden. Die Unterkunftskosten wegen doppelter Haushaltsführung könnten nur 2 Jahre ab Beginn der Ausbildung berücksichtigt werden. Den dagegen eingelegten Einspruch vom 06.09.2004 wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 28.09.2004 als unbegründet zurück. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 14.09.2004 lehnte der Antragsgegner ebenfalls unter dem 28.09.2004 ab. Am 27.10.2004 erhob die Antragstellerin Klage, die unter dem Aktenzeichen 5 K 2370/04 (Kg) geführt wird.
Gleichzeitig hat sie die Aussetzung der Vollziehung beim Sächsischen Finanzgericht beantragt.
Sie ist der Auffassung, dass gerade Auszubildenden eine zeitlich begrenzte doppelte Haushaltsführung zuzugestehen sei. Mit dem ab 2004 eingeführten Erfordernis eines echten eigenen Hausstandes am Ort des Lebensmittelpunktes könnten Steuerpflichtige nicht nachträglich für das Jahr 2003 schlechter gestellt werden. Der Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG definiere den Bedarf des Kindes, den nötigenfalls die unterhaltsbelasteten Eltern abdecken müssten. Dafür solle eine steuerliche Entlastung in Höhe des Existenzminimums des Kindes durch das Kindergeld bewirkt werden. Da der Grenzbetrag im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht danach differenziere, ob das Kind auswärtig untergebracht sei oder nicht, sei anzuzweifeln, ob bei der Bemessung des Grenzbetrages auch der existenznotwendige Bedarf und somit der entstehende Mehrbedarf durch die auswärtige Unterbringung des in Berufsausbildung befindlichen Kindes hinreichend Berücksichtigung gefunden habe. Eine Differenzierung zwischen auswärtiger und nichtauswärtiger Unterbringung könne nur über den Werbungskostenabzug erfolgen. Die bei der Tochter der Klägerin entstandenen Mietaufwendungen von Januar bis Juli 2003 hätten sich auf 2.147,46 EUR belaufen. Bei einer Ausbildungsvergütung in Höhe von 6.046,74 EUR verbleibe nur ein Betrag, der eine zusätzliche Unterstützung durch die Eltern erfordere. Bei einer häuslichen Unterbringung wären diese Kosten nicht im selben Umfang entstanden. Von einer Entlastung der Eltern durch ausreichend erzielte eigene Kindeseinkünfte könne somit nicht die Rede sein. Im Übrigen sei der anteilige Jahresgrenzbetrag auch ohne Berück...