Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsstätte und gewerbliche Einkünfte im Inland durch Beratertätigkeit für deutsche GmbH. Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 6 AO durch Aufforderung zur Abgabe der Steuerklärung. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Einkommensteuer 1992 bis 1994 und Gewerbesteuermessbetrag 1992 bis 1994)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist bei dem nach seinen Angaben in verschiedenen ausländischen Staaten ansässigen Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Inland nicht durchführbar und wird er vom FA vor Ablauf der Festsetzungsfrist zur Erklärung seiner der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden inländischen Einkünfte aufgefordert, so wird hierdurch der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 6 AO gehemmt.

2. Kann der selbst nicht beteiligte, im Ausland ansässige Steuerpflichtige über alle Sach- und Personalmittel einer deutschen GmbH verfügen und wird die Geschäftsführung aufgrund einer notariellen Bevollmächtigung von ihm und nicht von seiner Stieftochter als Alleingesellschafterin und nomineller Geschäftsführerin ausgeübt, so unterhält der Steuerpflichtige hierdurch eine inländische Betriebsstätte mit der Folge, dass er mit seiner Tätigkeit als freier „Berater” der GmbH beschränkt steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte erzielt. Dass die reine Beratungstätigkeit als solche keiner festen Geschäftseinrichtung bedarf und auch ggf. telefonisch vom Ausland ausgeübt werden darf, ändert daran nichts.

3. Lässt der Steuerpflichtige diese gewerblichen „Beraterhonorare” verzinslich auf einem Verrechnungskonto der GmbH stehen, führen die darauf entfallenden Zinsen ebenfalls zu beschränkt steuerpflichtigen gewerblichen Einkünften.

4. Das DBA-Kanada steht der inländischen Besteuerung der gewerblichen Einkünfte nicht entgegen, wenn der sich in vielen Staaten aufhaltende Steuerpflichtige weder in Deutschland noch in Kanada im Sinne von Art. 4 Abs. 1 DBA-Kanada ansässig ist.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 4, § 15 Abs. 1-2, § 20 Abs. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.a; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; AO § 12 S. 1, § 171 Abs. 6, § 92; DBA-Kanada Art. 1; DBA-Kanada Art. 4 Abs. 1

 

Tenor

Die Vollziehung der Bescheide über die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1992 bis 1994 wird bis zur Beendigung des Einspruchsverfahrens ausgesetzt und ab Fälligkeit aufgehoben, soweit Zinseinnahmen von mehr als 16.200 DM in 1992, von mehr als 50.058 DM in 1993 und von mehr als 103.163,22 DM in 1994 in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils die Hälfte.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 128 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Ablauf der Festsetzungsfrist und das Bestehen einer inländischen Steuerpflicht hinsichtlich Einkommensteuer 1992 bis 1994 und Gewerbesteuermessbetrag 1992 bis 1994.

Der Antragsteller war mehrere Jahre an der Firma R – M GmbH in U beteiligt und als Geschäftsführer der Gesellschaft tätig. Mitte/Ende der 80iger Jahre verlegte er seinen Wohnsitz nach Kanada. Die Anteile an der R – M GmbH U sind veräußert worden.

Mit Beratervertrag vom 29.12.1991 vereinbarten der Antragsteller und seine Stieftochter Frau G S als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der R – M GmbH A-B die Beratung der Gesellschaft durch den Antragsteller als freier Mitarbeiter in den Bereichen An- und Verkauf von Immobilien samt Nebenarbeiten sowie Oberbauleitung. Danach sollte der Antragsteller der R – M GmbH A-B jeder Zeit bis maximal 120 Tage pro Kalenderjahr als Berater zur Verfügung stehen. Die jeweiligen Aufgaben und der Zeitpunkt der Beratertätigkeit sollten von der R – M GmbH A-B jeweils mindestens zwei Wochen im Voraus mündlich festgelegt werden. Der Antragsteller sollte eine jährliche Beratungspauschale von 180.000 DM, Reisekostenerstattung einschließlich der Kosten der An- und Abreise von und nach Kanada sowie ein ihm zur Verfügung stehendes Kfz der gehobenen Klasse erhalten. Der Vertrag sollte am 01.01.1992 beginnen und am 31.12.1994 enden; er sollte sich jeweils um ein Jahr verlängern, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres gekündigt wurde. Mit notarieller Vollmacht vom 19.02.1993 ermächtigte Frau G S den Antragsteller, sie in jeder Weise uneingeschränkt zu vertreten. Sie genehmigte alle bereits zuvor durch den Antragsteller vorgenommenen Rechtshandlungen. Mit Nachtrag vom 31.12.1994 zum Beratervertrag vom 29.12.1991 wurde das Pauschalhonorar in Anbetracht eines vergrößerten Leistungsumfangs zum 01.01.1995 auf 250.000 DM erhöht. Am 30.12.1996 wurde der Beraterbetrag vom 29.12.1991 neu gefasst. In der Präambel des neuen Vertrages heißt es, der Antragsteller verfüge über eine langjährige Erfahrung als Geschäftsführer eines Bauunternehmens. Er habe über viele Jahre die R – M-GmbH U erfolgreich geführt. Die R – M GmbH A-B verfüge über kein entsprechendes Know-how. Weiter ist geregelt, dass der Antragsteller die Gesellschaft in allen betriebswirtschaftlichen A...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge