Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Prozesskostenhilfe für Klageverfahren wegen Kindergeldrückforderung bei verspäteter Mitteilung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Kindergeldempfängers

 

Leitsatz (redaktionell)

Hatte ein Kindergeldempfänger in einem Verfahren wegen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und Rückforderung von Kindergeld im Rahmen des Schriftverkehrs monatelang mehrfach Gelegenheit, der Familienkasse mitzuteilen, dass ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden ist, hat die Familienkasse in Unkenntnis des Insolvenzverfahrens und der dadurch eingetretenen Verfahrensunterbrechung eine Einspruchsentscheidung erlassen, hat der Kindergeldempfänger anschließend persönlich Klage erhoben und hat die Familienkasse erst durch einen während des finanzgerichtlichen Verfahrens gestellten Prozesskostenhilfe-Antrag Kenntnis von dem Insolvenzverfahren erhalten, so ist wegen der unterlassenen rechtzeitigen Mitteilung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einer mutwilligen, die Gewährung von Prozesskostenhilfe ausschließenden Rechtsverfolgung des Kindergeldempfängers i.S. von § 114 ZPO auszugehen.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 240; FGO § 142 Abs. 1

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten hatten ursprünglich um die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und um die Rückforderung von Kindergeld gestritten. Gegen den diesbezüglichen Bescheid der Familienkasse vom 28.1.2008 hatte der Kläger Einspruch eingelegt, der mit Einspruchsentscheidung vom 26.8.2008 zurückgewiesen worden war. Für die hiergegen erhobene Klage hat der Kläger den vorliegenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt und am 20.10.2008 die Prozesskostenhilfe-Unterlagen eingereicht, bei denen sich ein Beschluss des Insolvenzgerichts D vom 28.8.2007 befand, mit dem über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Berichterstatter übersandte diesen Beschluss der Familienkasse mit dem Hinweis, dass der angefochtene Bescheid nicht hätte ergehen dürfen. Daraufhin teilte die Familienkasse mit, dass sie die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden werde, erklärte am 7.1.2009 den Bescheid vom 28.1.2008 für nichtig und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Sie beantragte, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da sie erstmals im Klageverfahren Kenntnis über das Insolvenzverfahren erlangt habe.

Der Kläger erklärte ebenfalls die Hauptsache für erledigt mit dem Antrag, die Kosten des Verfahrens der Familienkasse aufzuerlegen. Auf Nachfrage des Berichterstatters hielt er seinen Prozesskostenhilfe-Antrag aufrecht, da er die Klage nicht mutwillig im Hinblick auf die Einleitung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben habe. Ihm sei eine Verbindung zwischen dem Insolvenzverfahren und dem hier vorliegenden Streitgegenstand nicht bekannt gewesen.

Aus der von der Familienkasse vorgelegten Kindergeldakte ist ersichtlich, dass der Kläger nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum einen von der Familienkasse am 30.10.2007 zur Nachreichung von Unterlagen aufgefordert wurde, anderenfalls er das Kindergeld zurückzahlen müsse, zum anderen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 28.1.2008 mit einer Zahlungsaufforderung vom selben Tage erhielt und des weiteren am 8.7.2008 bei der Familienkasse persönlich – auch wegen dieser Zahlungsaufforderung – vorsprach und Einspruch dagegen einlegte sowie am 1.8.2008 schriftlich darum bat, wegen des Einspruchsverfahrens bis zum 30.9.2008 von der Rückzahlungsforderung abzusehen. Bei keiner dieser Gelegenheiten hat der Kläger die Familienkasse von dem Insolvenzverfahren in Kenntnis gesetzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die übersandte Kindergeldakte und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist nicht begründet.

Nach § 142 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint mutwillig. Nach der neuerlichen Finanzgerichts-Rechtsprechung (zum Beispiel Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. August 2008 6 S 1617/04 PKH in juris, Urteil des Finanzgerichts Köln vom 18. Juni 2004 10 K 1157/04, EFG 2004, 1627; vgl. auch Gräber/Stapperfend, Kommentar zur FGO, 6. Auflage, § 142 Rz 43 mit weiteren Nachweisen) liegt Mutwilligkeit vor, wenn ein verständiger, ausreichend bemittelter Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder wenn der Beteiligte den von ihm verfolgten Zweck auf einem billigeren als dem von ihm eingeschlagenen Weg erreichen könnte (vgl. BFH-Beschluss vom 27. März 1986 I S 16/85, BFH/NV 1986, 632). Im Hinblick auf die Kostenfreiheit des außerger...

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