Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei Auslandsaufenthalt des Kindes und Ehekrise mit anschließender Trennung der Eltern
Leitsatz (redaktionell)
1. Geht die Tochter bei Antritt eines Gastschulaufenthalts an einer High-School in den USA trotz einer ernsthaften, mit mehreren Trennungen und Versöhnungsversuchen verbundenen Ehekrise der Eltern davon aus, anschließend wieder in das gemeinsame Haus der Eltern zurückzukehren, so behält sie dort auch dann ihren Wohnsitz, und ist damit auch dann weiter in den gemeinsamen Haushalt der Eltern aufgenommen, wenn sie sich 10 Monate ununterbrochen in den USA aufhält.
2. Gehört sie damit zum gemeinsamen Haushalt der Eltern und haben diese vor der Ehekrise den Vater als den Kindergeldberechtigten bestimmt, so bleibt dieser für die Zeit des Auslandsaufenthalts der Tochter auch dann weiter kindergeldberechtigt, wenn die Mutter letztendlich nach dem Scheitern der Ehe endgültig aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist, der Vater kaum Kontakt mit der Tochter hatte und die Tochter nach der Rückkehr aus den USA nicht mehr im elterlichen Haus gelebt, sondern mit ihrer Mutter eine andere Wohnung bezogen hat. Ein späterer Widerruf der Mutter bezüglich der Bestimmung der Kindergeldberechtigung wirkt nicht zurück.
3. Ob eine häusliche Gemeinschaft im Sinne des Familienrechts zwischen den Eltern besteht, ist von der Frage der für das Kindergeldrecht maßgeblichen Haushaltszugehörigkeit zu trennen. Daher kann auch bei einer Trennung der Eltern von Tisch und Bett eine Haushaltszugehörigkeit des Kindes zu beiden Elternteilen bestehen.
Normenkette
EStG § 70 Abs. 2, § 64 Abs. 1, § 2 Sätze 1-2, § 63 Abs. 1 S. 3; AO § 8
Tenor
1. Der Bescheid vom 13.02.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.12.2002 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung protokollierten Bescheide wird dahin geändert, dass Kindergeld für den Zeitraum September 2000 bis Juni 2001 festgesetzt bleibt.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um Kindergeld für die Zeit von September 2000 bis Juni 2001.
Der Kläger und seine damalige Ehefrau – die Beigeladene – bestimmten am 26.11.1990 einvernehmlich den Kläger zum Empfänger von Kindergeld für die am 18.4.1984 geborene Tochter N.. Die Familienkasse des Arbeitsamts – jetzt: Agentur für Arbeit – L. zahlte seitdem das Kindergeld bis September 2001 an den Kläger.
Der Kläger, die Beigeladene und die Tochter N. wohnten gemeinsam in einem Reihenhaus in L., S. straße 38, welches im jeweils hälftigen Miteigentum des Klägers und der Beigeladenen stand. Am 5.5.2000 verübte der Kläger ein Roheitsdelikt an seine Ehefrau. Das Reihenhaus wurde danach noch gemeinsam genutzt. Die Tochter N. reiste am 10.8.2000 zu einem Gastschulaufenthalt (High-School) in die V.S.. Nach ihrer Rückkehr am 20.6.2001 lebte sie gemeinsam mit ihrer Mutter in der Wohnung des Herrn L., eines Freundes der Mutter. Im November 2001 bezogen die Beigeladene und ihre Tochter eine gemeinsame eigene Wohnung in der D. str. 6 in L.. Am 2.10.2001 beantragte die Beigeladene das Kindergeld für sich und gab an, seit September 2000 vom Kläger getrennt zu leben, die Tochter lebe nunmehr in ihrem Haushalt. Als Adresse gab sie W.-P.-Str. 7 in L. (bei L.) an.
Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 5.10.2001 die Festsetzung des Kindergeldes gegenüber dem Kläger mit Wirkung ab Oktober 2001 auf und leistete keine Zahlungen mehr an ihn. Die Beigeladene, die Angestellte im öffentlichen Dienst ist, legte sodann der Familienkasse ihres Arbeitgebers eine Haushaltsbescheinigung vom 18.10.2001 vor. Darin bescheinigte das Bürgeramt der Stadt L. ihre Angaben, dass sie seit September 2000 vom Kläger getrennt lebe, mit Hauptwohnsitz in der S. str. 38 in L. und mit Nebenwohnsitz in der W.P.-Str. 7 in L. wohnhaft sei und die Tochter N. seit September 2000 zu ihrem Haushalt gehöre. Die Beigeladene beantragte, ihr das Kindergeld rückwirkend ab September 2000 zu zahlen. Zur Begründung machte sie geltend, dass sie auch schon während des Auslandsaufenthaltes der Tochter ausschließlich für den Unterhalt der Tochter gesorgt habe.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 13.2.2002 die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger für den Zeitraum September 2000 bis einschließlich September 2001 auf und forderte gleichzeitig das in diesem Zeitraum gezahlte Kindergeld in Höhe von 3.510 DM zurück (1.794,63 EUR). Hiergegen erhob der Kläger am 28.2.2002 Einspruch mit der Begründung, die Beigeladene habe erst seit November 2001 einen eigenen Haushalt, bis dahin sei der offizielle Wohnsitz das gemeinsame Reihenhaus gewesen. Er habe nur von Oktober 2000 bis Februar 2001 und von Juni 2001 bis November 2001 vo...