Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für anlässlich der Betreuung in Kindertagesstätten spielerisch vermittelte Fremdsprachenkenntnisse als abziehbare Kinderbetreuungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Die Aufwendungen für die spielerische und nicht unterrichtsbezogene Vermittlung von Kenntnissen der französischen Sprache durch französische Sprachassistenten anlässlich der Betreuung in Kindertagesstätten stellen nach § 4f S. 1 EStG abzugsfähige Betreuungsaufwendungen und keine Aufwendungen für die Vermittlung besonderer Fähigkeiten oder gar für die Erteilung von Unterricht nach § 4f S. 3 EStG dar (im Streitfall: Zahlungen berufstätiger Eltern an einen Verein, dessen Satzungszweck die sozialpädagogische Betreuung von Kindern unter besonderer Vermittlung von französischer Sprache und Kultur ist und dessen französische Sprachassistenten in einem deutschsprachigen städtischen Kindergarten eingesetzt werden).
Normenkette
EStG 2007 § 4f Sätze 1, 3, § 9 Abs. 5
Nachgehend
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide für 2006 vom 16.07.2008 und für 2007 vom 23.04.2009, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.08.2010, werden dahingehend abgeändert, dass weitere Kinderbetreuungskosten für 2006 i.H.v. 812 EUR und für 2007 i.H.v. 894 EUR zu berücksichtigen sind. Die Berechnung wird dem Beklagten auferlegt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitgegenstand ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen an einen Verein, dessen französische Sprachassistenten in einem deutschsprachigen städtischen Kindergarten eingesetzt werden.
Die beiden am 01.02.2001 und 25.07.2004 geborenen Kinder des Klägers besuchten in den Streitjahren 2006 und 2007 wegen der bei beiden Elternteilen vorliegenden Berufstätigkeit einen Kindergarten, in dem zusätzlich von dem Verein …. e.V. – bezahlte französische Sprachassistenten zum Einsatz kamen. Satzungszweck dieses lt. Internetseite im Jahr 2000 zunächst von engagierten Eltern unter dem Namen „… e.V.” gegründeten Vereins ist gemäß Ziffer II der Satzung u.a. die sozialpädagogische Betreuung von Kindern unter besonderer Vermittlung von französischer Sprache und Kultur.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Kooperationsvereinbarung zur gemeinsamen Ausgestaltung der Deutsch-Französischen Kindertagesstätte (nachfolgend „Kita” genannt) zwischen der durch das Jugendamt vertretenen Stadt X und dem Verein vom 30.05.2007 fördern das Jugendamt und der Verein partnerschaftlich die konzeptionelle Entwicklung des in der Kita eingerichteten Teilbereichs deutsch-französischer Kindergarten. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Kooperationsvereinbarung sind im deutsch-französischen Kita-Bereich bei der Stadt X angestellte Erzieherinnen entsprechend dem gesetzlich gültigen Personalschlüssel eingesetzt. In den Kindergartengruppen arbeiten nach § 2 Abs. 2 der Kooperationsvereinbarung außerdem vom Verein angestellte Sprachassistenten, deren Aufgaben in der Konzeption der Kita beschrieben und mit dem Jugendamt abgestimmt sind. Nach Nr. 6 dieser Konzeption (Stand April 2008) seien Kinder aufgrund neuester Erkenntnisse der Hirnforschung im Zeitraum der frühen Kindheit auf die Entwicklung und den Aufbau sprachlicher Strukturen spezialisiert. Da die Kinder aufgrund der Globalisierung, Europapolitik und multikulturellen Gesellschaft in eine Zukunft der offenen Grenzen und der „Vielsprachigkeit” hineinwüchsen, müssten sie auf diese durch das Beherrschen mehrer Sprachen vorbereitet sein. Gute Sprachkenntnisse eröffneten den Menschen Chancen in der persönlichen Entwicklung, Schule und Beruf. Da sich das Kind die Welt im Spiel erarbeite, werde deshalb die Chance, im Spiel zu lernen, für die Aneignung der Zweitsprache genutzt.
Der Verein eröffne deshalb zwei- bis sechsjährigen Kindern der Kita unter pädagogischer Anleitung deutscher und französischer Erzieherinnen eine bilinguale und interkulturelle Erziehung sowie den Kontakt deutschsprachiger und französischsprachiger Kinder. Konkret komme die französische Sprache in der Kita als Umgangssprache zur Anwendung. Die Kinder würden von je einer deutschen Erzieherin und einer/m französischen Sprachassistenten nach dem Grundsatz der Immersionsmethode betreut, d.h. die Erzieherinnen sprechen ausschließlich die deutsche, die französischen Sprachassistenten nach dem Grundsatz „eine Person, eine Sprache” ausschließlich die französische Sprache. Mit Gestik und Mimik werde von den Sprachassistenten alles unterstützt, was den Kindern gesagt werde. Übersetzungen würden jedoch nicht vorgenommen, Grammatik und Vokabeln stünden ebenfalls nicht im Vordergrund, so dass sich den Kindern das Französische allein aus dem Zusammenhang, in dem es gebraucht werde, erschließe. Da es keinen Lehrplan gebe, w...